La vérité - Leben und lügen lassen

La vérité - Leben und lügen lassen

In dem Star besetzten Drama will eine Tochter mit ihrer Mutter reinen Tisch machen, doch durch einem sonderbaren Sci-Fi-Film ändert sich alles.

10.03.2020

Von Dorothee Hermann

Für die berühmte Schauspielerin Fabienne (Catherine Deneuve) ist die Zeit gekommen, auf ihr Leben zurückzublicken, was sie höchst ambivalent findet. Denn Fabienne findet die Realität langweilig und ist nur dann ganz sie selbst, wenn sie vor der Kamera steht oder sich auf eine Rolle vorbereitet.

Allenfalls greift sie – perfektionistisch und zugleich vampirisch – auf reale Erfahrungen zurück: wenn diese sie eine Gefühlslage oder einen Gesichtsausdruck lehren, den sie zuvor noch nicht im Repertoire hatte und mit dem sie die Ausdruckskraft einer Figur noch steigern kann. Doch ihr ist bewusst, dass dieser kalte Blick befremdlich wirken könnte. Deshalb schildert sie sich in ihren eben erscheinenden Memoiren auch als pflichtbewusste Mutter.

Als ihre Tochter Lumir (Juliette Binoche) das Buch in die Hand bekommt, traut sie ihren Augen kaum und fängt sofort an, Fabiennen mit den Lügen darin zu konfrontieren. Lumir ist eben mit Mann (Ethan Hawke) und niedlicher Tochter (Clémentine Grenier als Charlotte) aus New York angereist. Sie ist überzeugt, als einzige ihre Mutter wirklich zu durchschauen. Als Drehbuchautorin versteht sich Lumir ihrerseits auf Fiktionen und darauf, wie entscheidend es ist, wer jeweils die erzählerische Autorität für sich beanspruchen kann.

Doch Fabienne bleibt so schwer durchschaubar und so faszinierend wie die Hexe im Märchenbuch aus Lumirs Kindheit, die wie die Kirke der Odyssee angeblich Menschen in Tiere verwandeln kann. Heißt nicht die alte Schildkröte im Garten genauso wie Lumirs leiblicher Vater Pierre, den Fabienne schon längst aus ihrem Leben verbannt hat?

Eben dreht Fabienne wieder einen Film, ein Science-Fiction-Drama über eine weitere komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung: Sie spielt darin die gealterte Tochter einer Mutter (Ludivine Sagnier als Amy), die dank eines Aufenthalts in einem Raumschiff für immer jung bleibt – und im All auch jeder Nähe und den Bedürfnissen anderer entrückt ist.

[Textbaustein: ak2] Auf solche Spiegelungen zwischen Realität und Fiktion versteht sich der japanische Regisseur Hirokazu Koreeda („Shoplifters“) bestens. Die beiden französischen Stars spielt er perfekt gegeneinander aus.

Catherine Deneuve darf wieder einmal alle Register ziehen: als Rätselfigur zwischen Monster und Zauberin.

La vérité - Leben und lügen lassen