Harriet - Der Weg in die Freiheit

Harriet - Der Weg in die Freiheit

Das Drama erzählt die wahre Lebensgeschichte der Freiheitskämpferin Harriet Tubman.

07.07.2020

Von Dorothee Hermann

Harriet

So erlebt man die USA selten auf der Kinoleinwand: Auf den grandiosen Bildern (Kamera: John Toll), häufig in Cinemascope, sind vor allem Afroamerikaner zu sehen. Zwar schuften die Figuren noch im Jahr 1849 als Sklaven oder in vergleichbaren Zwangsverhältnissen auf den Farmen der Südstaaten. Doch die US-Regisseurin Kasi Lemmons macht von Anfang an klar, wo bisher eine gewaltige Leerstelle in der Bildsprache Hollywoods klaffte.

Harriet Tubman (oscarnominiert: Cynthia Erivo) hat es wirklich gegeben. 1849 flieht sie vom Gut von Edward Brodess (Michael Marunde), der seinen Sklaven gönnerhaft am Sonntag ein bisschen Bratensoße zu ihrem Maisbrot zubilligt.

Das Leben hat den getragenen, duldenden Sound eines Gospels (Soundtrack: Terence Blanchard). Erst später wird er zuversichtlicher, wenn Harriet, zunächst noch Minty gerufen, tatsächlich eine neue Lebensstation erreicht und beispielsweise der Pensionswirtin Marie Buchanon (Janelle Monáe) begegnet, der selbstbewussten Vertreterin einer entstehenden schwarzen Mittelklasse.

Dazwischen liegt Mintys Flucht, die eine gnadenlose Menschenjagd in Gang setzt, denn die weißen Farmer betrachten die schwarzen Arbeiter als ihr Eigentum. Ein ganzer Trupp Reiter samt Bluthunden hetzt Minty beinahe in den Tod.

Der Anführer ist Brodess‘ Sohn Gideon (Joe Alwyn, der im konventionellen Historienfilm wohl eher als junger Lover gecastet würde). Ihn verbindet eine hasserfüllte Fixierung mit Minty, die einmal seine Kinderfrau und gewissermaßen zweite Mutter war.

So kommt es immer wieder zu westernähnlichen Showdowns. Doch statt des einzelnen männlichen Draufgängers, der sich den Verhältnissen in den Weg stellt, sieht man nun Harriet, die zu Fuß und scheinbar wehrlos das System herausfordert: Der Outlaw mit revolutionärem Potenzial ist Frau und Afroamerikanerin. Sie stellt der Ikonographie des Western eine eigene entgegen, die lange kaum beachtet wurde. Das ist der bestechende Wow-Effekt dieses Historiendramas, der über den Vorwurf, es sei ein wenig schlicht als Bilderbogen erzählt, gern hinwegsehen lässt. [Textbaustein: ak2] Vor 25Jahren sollte der Stoff schon einmal verfilmt werden. Damals war allen Ernstes Julia Roberts für die Hauptrolle im Gespräch. Es wäre ein klarer Fall von Blackfacing geworden.

Bildmächtige Hommage an die Analphabetin Harriet Tubman, die 70 Sklaven in die Freiheit führte.

Harriet - Der Weg in die Freiheit

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Erstellt:
07.07.2020, 10:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 05sec
zuletzt aktualisiert: 07.07.2020, 10:30 Uhr

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