Frau Stern

Frau Stern

Frau Stern hat viel gelebt und überlebt. Jetzt möchte die 90-Jährige sterben. Doch das ist bei allem Bemühen gar nicht so leicht.

11.09.2019

Von Dorothee Hermann

Sie geht in goldenen Birkenstocks durch den Berliner Sommer und ist auch sonst ganz anders als viele andere 90-Jährige. Doch Frau Stern (großartig: Ahuva Sommerfeld) findet, dass sie nun lange genug auf der Welt war. Die Holocaust-Überlebende will sich eine Waffe besorgen und ihrem Leben ein Ende setzen, solange sie noch selbstbestimmt dazu in der Lage ist. Wie sie das anstellt, an den unmöglichsten Orten herumfragt, zeigt einen schwarzen Humor, der in deutschen Komödien rar ist. In Deutschland lebt sie nur, weil ihr längst verstorbener Mann das einst so wollte.

Der 34-jährige Anatol Schuster, der als einer der interessantesten deutschen Nachwuchsregisseure gilt, bettet das schwierige Thema Todeswunsch in einen kurzweiligen Berlin-Film ein, der das Genre der Hauptstadtfilme auffrischt.

Frau Stern entspricht auch nicht dem Klischee der vereinsamten Hochaltrigen. Ihre geliebte Enkelin Elli (Kara Schröder) besucht sie regelmäßig und hält sie unter anderem darüber auf dem Laufenden, wie es junge Menschen mit der Liebe halten. Der gutaussehende Friseur (Murat Seven) kommt regelmäßig ins Haus und bringt Frau Stern etwas zu rauchen mit, das auch gegen Schmerzen hilft.

Geboren 1937 in Jerusalem, hat Ahuva Sommerfeld den Terror der Nationalsozialisten in Palästina überstanden – anders als ihre Filmfigur. Frau Stern entgegnet ihrem mahnenden Arzt in Berlin: „Ich habe das KZ überlebt und werde auch das Rauchen überleben.“

Während Frau Stern noch mit ihrem Los hadert, aber trotzdem weiterhin ihre geliebte Neuköllner Eckkneipe aufsucht, zeigt ihre Darstellerin, wie ungemein mitreißend alte Schauspieler wie sie wirken können: zerbrechlich, verschroben und doch von unglaublicher Stärke. Wer sie sieht, hofft, dass sie zur Wegbereiterin für andere Darsteller ihrer Altersklasse wird.

Der ungewöhnliche Low-Budget-Film mit viel Neuköllner Lokalkolorit ist nun ein Nachruf auf Sommerfeld, die Anfang Februar 2019 in Berlin gestorben ist.

Fiktives Porträt einer so toughen wie verletzlichen 90-Jährigen, die den Tod sucht, aber ihm immer wieder entgeht.

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