Fikkefuchs

Fikkefuchs

Provoziert und demontiert schonungslos Männerwelten - bis zum Erbrechen.

13.11.2017

Von Madeleine Wegner

Das waren noch Zeiten, damals unter der Sonne Griechenlands. Und dann in Wuppertal erst. Als Rocky die Frauen reihenweise flachlegte, mit seinem Charme, mit seinem Klavierspiel, seiner Ausstrahlung. Ein animalischer Frauenheld. Heute geht Richard „Rocky“ Ockers mit seinem Hund spazieren und sieht sich Tierdokus im Fernsehen an. Er hat kreisrunden Haarausfall, der an die Tonsur von Einsiedler-Mönchen erinnert, und er lebt zurückgezogen in seiner ansehnlichen Berliner Wohnung. Doch eines hat sich seit damals nicht verändert, sein Beuteschema ist das gleiche geblieben: „Ich will das junge Reh, stolz, schüchtern, schwer zu kriegen.“ Bei der Jagd macht er sich heute jedoch nur noch lächerlich.

Und dann steht Thorben vor der Tür, der behauptet, Rockys Sohn zu sein, und der angesichts der Ablehung penetrant bleibt wie ein bettelnder Hund. Schließlich soll ihm der „Stecher von Wuppertal“ beibringen, wie er endlich reihenweise Frauen ins Bett bekommt. Oder wenigstens eine. Irgendeine. Rocky, der nebenher bereits seine „Memoiren eines Frauenverstehers“ schreibt, blüht in dieser Rolle auf.

Regisseur Jan Henrik Stahlberg übernimmt selbst die schmuddelige Rolle des Rocky. Auch das Drehbuch hat er (zusammen mit Wolfram Fleischhauer) geschrieben. Dazu ist Fanz Rogowski mit seiner Hasenscharte und seinem Nuscheln eine Idealbesetzung für den beschränkten wie aggressiven Sohn, der aus der Psychiatrie ausgebrochen ist. Zusammen verkörpern sie perfekt dieses erbärmliche Gespann aus Vater und Sohn. Zwei Getriebene im Berliner Nachtleben, die nicht vorwärts, sich dabei jedoch näher kommen.

Natürlich ist dieser Film widerlich. Und er ist großartig. Es ist widerlich, anzuhören, wie der Vater seinem Sohn zuspricht: „Du bist nicht so pervers, wie du denkst.“ Schließlich hat Thorben nur auf sein „Bauchgefühl“ gehört. Die im Supermarkt, die wollte das auch. „Aber er hat‘s nur versucht“, verteidigt der Vater die Vergewaltigung.

Es ist eben nicht der Prostata-Krebs, der Rocky zu einem armen Hund macht. Es ist auch widerlich, Thorben bei seinem Porno-Konsum im Internet zu beobachten oder bei seinem Besuch im Flatrate-Bordell. Vor allem aber ist es widerlich, wie er Frauen filmt, im Holocaust-Denkmal, das er für einen „Lustgarten“ hält. Den provokativen Film hat Stahlberg über Crowdfunding (70 000 Euro) und mit eigenen Mitteln finanziert.

So, wie Stahlberg seine Figuren zeigt, präsentiert er sie in ihrer ganzen Erbärmlichkeit. Eine Erbärmlichkeit angesichts eines leeren Lebens, in dem die einzige Erfüllung in der vollbrachten Ejakulation besteht. Ekel oder Mitleid erregt nicht erst die Szene, die Rocky in seinem eigenen Kot und Erbrochenen zeigt. „Wir sind das fucking schwache Geschlecht“, bemitleiden sich die armen Würstchen gegenseitig.

Es erscheint nur auf den ersten Blick perfide, dass ausgerechnet eine Frau die Männer in ihrer misogynen Haltung bekräftigt. Mit Hüpfbällen, auf denen Dildos wippen, will die Wilson den Männern angeblich ihre pralle Würde wiedergeben. Doch letztlich bleiben sie arme Hunde, ausgesetzt am nächstbesten Laternenpfosten.

Entblößt auf ganzer Linie und dringt zu den Grundfragen des Lebens durch. Grundlage für kontroverse Diskussionen.