Die Schneiderin der Träume

Die Schneiderin der Träume

Ein reicher junger Mann und sein Dienstmädchen verlieben sich in Mumbai ineinander - gegen die Regeln der Gesellschaft.

18.12.2018

Von Dorothee Hermann

Die Schneiderin der Träume
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Für sich selbst hat die junge Witwe Ratna (Tillotama Shome aus „Monsoon Wedding“) die Hoffnung auf ein besseres Leben vorerst zurückgestellt. Sie nimmt einen Job als Hausangestellte in der indischen Metropole Mumbai an, um ihre Verwandten im abgelegenen Heimatdorf zu unterstützen und für die Studiengebühren ihrer jüngeren Schwester aufzukommen.

Als Ratna den luxuriösen Wohnblock betritt, scheint sie in eine andere Welt zu gelangen. Sie soll sich um die Bedürfnisse des Bauunternehmersohns Ashwin (Vivek Gomber) kümmern, der eben seine Hochzeit hat platzen lassen. Weil dieser soziale Mega-Fauxpas ihn doch auch niederdrückt, versorgt Ratna ihn geräuschlos mit seinen Lieblingsgerichten oder deckt ihn zu, wenn er auf dem Sofa eingeschlafen ist.

Dieser „Sir“ (so der Originaltitel des Films) ist der Spross einer untereinander meist englisch sprechenden reichen Oberschicht, die sich jeden Wunsch von den Augen ablesen lässt und auch unangemeldet aufkreuzt, um sich mindestens an Ratnas selbstgemachter Zitronenlimonade gütlich zu tun.

Es wird überdeutlich, dass trotz der prächtigen Umgebung und der Angleichung an globale, urbane Lebensformen die alten Hierarchien weiterhin gelten: zwischen Arm und Reich, und zwischen Frauen und Männern sowieso. Mit Gusto lässt die indische Regisseurin Rohena Gera die (Schein-)Probleme der Reichen (mögliche Isolation bei Entschlüssen, die dem Corpsgeist der eigenen Klasse widersprechen) und die existenzbedrohenden Notlagen der Armen aufeinanderprallen.

Doch Defätismus liegt der Regisseurin so wenig wie ihrer Protagonistin. Die Opferrolle ist nichts für die schmale Haushälterin. Ratna hält nichts von dem vielfach überlieferten Verhaltensmuster, frau könne ohnehin nichts ändern und verfolgt weiterhin ihr Ziel, Schneiderin, oder noch besser, Mode-Designerin zu werden.

Auch Ashwin beginnt, das Zartgefühl und die Autonomie seiner Haushälterin zu schätzen, die so ganz anders ist als die verwöhnten Heiratskandidatinnen, die seine Familie für ihn im Auge hat. Es spricht für den Film, dass sich die Kitschvariante, Ratna einfach zurückschmachten zu lassen, verbietet. Das würde ja auch nicht zu ihrer Persönlichkeit passen. Und es würde die Macht, die das indischen Kastensystem noch immer hat, herunterspielen.

Verlagert das uralte Motiv der Liebenden aus scheinbar unvereinbaren Welten in die indische Millionenstadt Mumbai.


Die Schneiderin der Träume

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Erstellt:
18.12.2018, 13:39 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 05sec
zuletzt aktualisiert: 18.12.2018, 13:39 Uhr

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