Der unverhoffte Charme des Geldes

Der unverhoffte Charme des Geldes

Modernes Ganovenmärchen, in dem ein armer Philosoph plötzlich zu sehr viel Geld kommt. Ihm gelingt es, ein System auszutricksen, in dem alles auf Moneten und Erfolg ausgelegt ist.

29.07.2019

Von Madeleine Wegner

Intelligente Menschen werden weder reich noch berühmt. Davon ist Pierre-Paul überzeugt. Mit dem Enthusiasmus der Frustrierten erklärt er seiner Freundin mal eben in der Mittagspause die Welt: Die Dummen haben das Glück und den Erfolg gepachtet, denn sie kennen keine Zweifel. Pierre-Paul, der einen Doktortitel in Philosophie hat, sich aber mit einem schlecht bezahlten Job als Kurierfahrer über Wasser hält, ist großspurig und überheblich. Seine Freundin hat genug von den ewigen Monologen. Sie lässt ihn im wahrsten Sinne des Wortes sitzen – im Diner, am Ende der Mittagspause.

Pierre-Paul mag überheblich in seinen Ansichten sein, doch er hat ein gutes Herz: Ehrenamtlich engagiert er sich für Obdachlose und für die Bettler auf der Straße hat er immer etwas Kleingeld in der Tasche. Durch einen Zufall findet er eines Tages zwei riesige Taschen voller Geld. Pierre-Paul beschließt, das heiße Diebesgut zu behalten. Doch was tun mit einer unglaublichen Menge Geld? Zuerst gönnt sich der zurückgezogene Kopfmensch selbst etwas und bucht Montréals teuerste Kurtisane.

Doch bei dem kleinen Glück soll es nicht bleiben. Also tut sich der ansonsten so unauffällige junge Mann mit einem Ex-Knacki und Alt-Rocker zusammen. Dieser soll ihm helfen, das Geld für eine Neuverteilung verfügbar zu machen. Keine leichte Aufgabe, sitzen ihnen doch Polizei und skrupellose Gangs im Nacken.

Dem kanadischen Oscar-Preisträger Denys Arcand, dessen Filme oft um Linksintellektuelle in Montréal kreisen, gelingt mit seiner als Gesellschafts- und Kapitalismus-Kritik angelegten Krimikomödie „Der unverhoffte Charme des Geldes“ eine Geschichte mit zunächst interessanten Charakteren und Konflikten. Besonders die Grundidee des Films ist vielversprechend. Doch etwa ab der Hälfte geht dem Ganovenmärchen spürbar die Luft [Textbaustein: ak1] aus. Die Handlung wird teils vorhersehbar, die Charaktere bleiben an der Oberfläche. Damit niemand vergisst, dass Pierre-Paul Philosoph ist, wirft er regelmäßig vermeintlich tiefgründige Zitate in den Raum. Die brutalen Szenen, in denen Hirnmasse spritzt und gefoltert wird, wollen nicht so recht zum restlichen Tonfall passen und wirken wie ein Kompensationsversuch.

Packt eine charmante Idee enthusiastisch an, doch auf der Hälfte der Strecke gehen die Luft und Ideen aus.

Der unverhoffte Charme des Geldes

Zum Artikel

Erstellt:
29.07.2019, 19:37 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 06sec
zuletzt aktualisiert: 29.07.2019, 19:37 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport