Der Junge muss an die frische Luft

Der Junge muss an die frische Luft

Ein Neunjähriger entdeckt sein Talent, Leute zum Lachen zu bringen. Verfilmung des autobiografischen Bestsellers von Hape Kerkeling.

18.12.2018

Von Madeleine Wegner

„Du bist nicht allein, wenn du träumst heute Abend. Du bist nicht allein, wenn du träumst von der Liebe.“ Ein kleiner, dicker Junge singt nachts in der Küche, wiegt sich im Takt, allein. Hans-Peter spendet sich selbst Trost, mimt den Entertainer, auch wenn es kein Publikum gibt. Die Mutter des Achtjährigen hat sich umgebracht, während er neben ihr im Bett lag. Die Schuld dafür sucht Hans-Peter lange bei sich selbst. „Vielleicht hätte ich mich mehr anstrengen müssen“, wird zur quälenden Frage und zum Leitsatz – auch für den Film „Der Junge muss an die frische Luft“.

Caroline Link hat damit die gleichnamige, 2014 erschienene Autobiografie von Hape Kerkeling verfilmt. Sie zeigt, wie der pummelige Junge, der später einer der bekanntesten deutschen Entertainer wird, im Recklinghausen der 70er Jahre sein komödiantisches Talent entdeckt. Irgendwie ist immer Sommer, bei all den Familienfesten, mit Eierlikör, Sahnetorte, Karneval und Kirschen.

Und doch ist es eine ungewöhnliche Kindheit im Ruhrpott: Hans-Peter (herrlich erfrischend: Julius Weckauf) ist mit der exzentrischen Oma Änne (Hedi Kriegesgott) und der gemütlichen Oma Bertha (Ursula Werner) von zwei starken Frauen umgeben, die ihn beide auf ihre Art unterstützen. Nur der Mutter (Luise Heyer) geht es immer wieder so schlecht, dass sie sich nicht um ihren Jungen kümmern kann. Hans-Peter versucht, sie mit Sketchen und kleinen Showeinlagen aufzuheitern. Der Junge verkleidet sich gern und entdeckt sein Talent, Leute zum Lachen zu bringen. Dazu beobachtet er die Menschen in seiner Umgebung genau und imitiert sie gekonnt – ob singende Tante, tratschende Nachbarin oder flirtendes Püppchen.

Wie dies den Grundstein für Kerkelings spätere Karriere legt, erklärt sich von selbst. Daher ist der Hinweis auf seine Figur des Horst Schlämmer am Ende des Films ebenso überflüssig wie die kitschige Begegnung des Kindes Hans-Peter mit dem erwachsenen Hape.

Gelungene, gut gespielte Autobiografie-Verfilmung. Zugleich ein spannender Einblick in die Kindheit eines Entertainers.


Der Junge muss an die frische Luft