Das Leuchten der Erinnerung

Das Leuchten der Erinnerung

Zwei Alte wollen es noch einmal wissen und starten zu einem Roadtrip in einem Oldtimer-Wohnmobil entlang der amerikanischen Ostküste.

04.01.2018

Von Stephan Gokeler

Das Leuchten der Erinnerung
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Manchmal weiß Ella (Helen Mirren) nicht mehr weiter. Sie hat Krebs, ihr Mann John (Donald Sutherland) wird immer mehr von der Demenz beherrscht. Echte Gespräche kann sie mit ihm nur noch in seinen seltener werdenden lichten Momenten führen, also geht sie ihrer Umgebung mit ihrem Mitteilungsdrang auf die Nerven. Um sich nicht schleichend dem Siechtum hinzugeben, fasst sie einen Entschluss: Ein letztes Mal holen die beiden ihr Oldtimer-Wohnmobil aus der Garage und brechen heimlich zur Erinnerungstour durch die Südstaaten und ihr gemeinsames Leben auf.

Als Ziel haben sie das einstige Haus des Schriftstellers Ernest Hemingway im Visier. John, der ehemalige Englisch-Professor, kann immer noch ganze Passsagen aus dessen Werk auswendig rezitieren. Immer schon wollte er dieses Haus besuchen, doch bei den früheren Familienurlauben ist stets etwas dazwischengekommen. „Wir sind im Urlaub und genießen ihn in vollen Zügen“, lässt Ella am Telefon ihre entsetzten Kinder daheim wissen.

Und manchmal gibt es sie auch, die zauberhaften Momente, in denen die große Liebe, die sie und John verbunden hat, noch einmal aufscheint. Häufiger sind aber die Momente, in denen Ella der Verzweiflung nahe ist. Dann sagt sie ihm: „Es tut so weh, wenn du dich an nichts mehr erinnerst, ich werde mich nie daran gewöhnen.“ Doch John blickt sie nur verständnislos an.

Manchmal scheint auch der Film nicht mehr recht weiter zu wissen. Dann verliert er sich in eingestreuten Anekdoten, die in ihren plakativen Übertreibungen dem ansonsten ungeheuer sensiblen und intensiven Spiel von Mirren und Sutherland nicht gerecht werden.

Leider nur am Rande scheint auf, welche lang verschütteten Konflikte bei den anderen Familienmitgliedern angesichts der immer siecheren Alten aufbrechen. Zugutehalten muss man Regisseur Paolo Virzi, dass der Film, der einen Roman von Michael Zadoorian adaptiert, nie in Sentimentalitäten versinkt und die beiden Protagonisten bis zum Schluss ihrer Reise die Würde behalten.

In seinen intimen Momenten ein großer Film über eine große Liebe, dazwischen übernimmt leider der Klamauk die Regie.

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Erstellt:
04.01.2018, 01:17 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 02sec
zuletzt aktualisiert: 04.01.2018, 01:17 Uhr

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