Das Familienfoto

Das Familienfoto

Französisches Drama um eine Familie, die sich nach dem Tod des Großvaters zusammenraufen muss, um die vergessliche Oma zu vesorgen.

14.05.2019

Von Madeleine Wegner

Es ist nicht eine weitere typisch französische Familienkomödie, die Cécilia Rouaud inszeniert hat. Zu schwer sind die Kränkungen, die sich die Familienmitglieder über die Jahrzehnte zugefügt haben, als dass sie sich anlässlich des Todes des Großvaters einfach wieder zusammenraufen könnten. Das Zusammentreffen zur Beerdigung ist nur der Ausgangspunkt, an dem sich die verbleibenden Familienmitglieder ihrer wechselseitigen Blessuren so richtig bewusst werden und die Schuld dafür bei den jeweils anderen suchen.

Der äußere Anlass, sich über die Beerdigung hinaus miteinander zu beschäftigen, ist die demente Oma (Claudette Walker), die immer wieder ausreißt und einem Sehnsuchtsort ihrer Erinnerung zustrebt: St. Julien. Er entpuppt sich im Lauf des Films als Synonym für einen unbeschwerten Urlaub der Großfamilie in einer längst vergangenen Zeit. So wirkt die Oma wie die sanfte und freundliche Vision einer Familiengeschichte, die es in der Wirklichkeit nie gab.

Denn die Realität besteht aus einem depressiven Enkel (Pierre Deladonchamps, der auch unter seinem Namen Mao leidet) und seinen beiden Schwestern, von denen die eine ihre Versagensgefühle als Alleinerziehende mit Überfürsorglichkeit gegenüber ihrem Sohn wettzumachen versucht (Vanessa Paradis als Gabrielle) und die andere (Camille Cottin als Elsa) mit ihrer ungewollten Kinderlosigkeit hadert. Der Vater dieser drei Geschwister (Jean-Pierre Bacri als Pierre) ist mit der Beziehung zu seiner weitaus jüngeren Ex-Sekretärin ausgelastet und möchte seine demente Mutter am liebsten in ein Pflegeheim geben.

Damit ist der Plot bereitet für ein psychoanalytisches Kammerspiel. Im dem ergeben sich eindrücklich gespielte Szenen wie die, in der Mao auf einem Pariser Metrobahnsteig den Suizid erwägt und sich dann vom Cat-Stevens-Song („Wild World“), den ein Clochard singt, doch noch davon abhalten lässt. Oder auch humoristische, wenn sich die Mutter der drei Geschwister (Chantal Lauby als Claudine), selbst Psychologin, als besonders unfähig erweist, sich in die Seelen ihrer Kinder einzufühlen.

Vor allem aber handelt der Film von verkorksten Leben und Versuchen, den Schatten der Vergangenheit irgendwie zu entkommen. Als Zuschauer benötigt man eine rechtschaffen stabile Psyche, um in diesem Film mehr zu entdecken als das Trauerspiel einer ganz normalen Familie.

Trotz schauspielerischer Highlights wirkt vieles arg konstruiert, die Handlung quält sich mitunter ziemlich zähflüssig dahin.

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