Candelaria - Ein kubanischer Sommer

Candelaria - Ein kubanischer Sommer

Wunderbare Geschichte über eine reife, wieder aufblühende Liebe in Havanna.

03.07.2018

Von Madeleine Wegner

Der alte Kristalllüster über dem Bett leuchtet schon lange nicht mehr. Stattdessen flackert eine nackte Glühlampe an der Decke. Zumindest dann, wenn der Strom nicht gerade wieder abgestellt wurde. „Candelaria – ein kubanischer Sommer“ führt zurück ins Jahr 1994.

Ein kubanischer Sommer, der von Unruhen in Havanna geprägt ist, tausende Menschen gehen auf die Straße. Es ist der Tiefpunkt der so genannten „periodo especial“, unter der vor allem die Bevölkerung leidet.

Auch Candela und Victor Hugo haben jeden Tag zu kämpfen. Die beiden sind seit einer Ewigkeit ein Paar. Obwohl sie weit über 70 sind, gehen sie täglich arbeiten: Candela in einer Hotelwäscherei, Victor Hugo fährt mit seinem Rad in die Zigarrenfabrik, um den Arbeitern aus der Zeitung vorzulesen. Außerdem lässt er immer mal wieder eine Schachtel Zigarren mitgehen, um sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Trotzdem steht abends kaum etwas Nahrhaftes auf dem Tisch.

Von der Armut dieser Zeit, von dem quälenden Alltag und der ungewissen Zukunft erzählt dieser Film. Vor allem aber erzählt „Candelaria“ von einer reifen Liebe und von einem reichen Leben.

Der kolumbianische Filmemachers Jhonny Hendrix Hinestroza hat dafür zwei wunderbare Hauptdarsteller gefunden: Veronica Lynn als zartbesaitete Candela (genannt Candelaria) und
Alden Knight als ihr knorriger, liebenswerter Victor Hugo. Der österreichische Schauspieler Philipp Hochmair ist in einer Nebenrolle überzeugend als widerlicher Hehler zu sehen.

Ausgerechnet zwischen schmutzigen Laken findet Candelaria in der Wäscherei eine offensichtlich gestohlene Videokamera. Durch die neue Perspektive der Kameralinse entdecken die beiden Alten ihr Liebesleben neu. Doch gerade durch diese vergnügliche wie aufregende Spielerei geraten sie in die Bredouille.

Obwohl das Paar beginnt, Sexfilmchen für „Touristen mit speziellen Interessen“ zu drehen, hat der Film selbst nichts unangemessen Voyeuristisches. Im Gegenteil ist dies einer der wenigen Filme, die Lust im Alter mit einer wohltuenden Selbstverständlichkeit darstellen. Wenn Candelaria kokett für ihren Mann posiert, dann kennen Charme und Liebe kein Alter. Hinzu kommt: Der Film folgt der Entwicklung seiner Figuren mit zärtlichem und manchmal gar herzzerreißendem Blick.

Doch es steckt noch mehr hinter dem Zauber dieser internationalen Koproduktion. Es ist die Haltung der beiden, ihre Liebe und ihr Stolz – allen widrigen Umständen zum Trotz.

Ein Liebesdrama über Krisen, das in der klugen Schwebe zwischen Leichtigkeit und Schwermut glüht.