Border

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Eine animalisch wirkende Zollbeamtin kann Emotionen von Menschen riechen. Sie trifft einen anderen Außenseiter, der ihre mystische Herkunft erklären kann.

09.04.2019

Von Madeleine Wegner

Tinas [Textbaustein: ak2] Oberlippe zuckt, ihre Nase bebt kaum merklich. Sie riecht etwas. Die Frau wirkt wie ein Tier, das eine Spur wittert, hochkonzentriert auf der Jagd. In ihrem Arbeitsalltag als Zollbeamtin setzt sie ihren unglaublich ausgeprägten Geruchssinn dazu ein, Schmuggelware zu erkennen. Tina kann auch Scham, Angst, Nervosität und andere Gefühle der Menschen riechen und somit jeden Übeltäter sicher überführen. Doch die 40-Jährige sieht seltsam archaisch aus. Mit ihrem geschwollenen Gesicht und den struppigen Haaren würde sie auch in einer Rolle als Urmensch durchgehen. Ihr Umfeld scheint sie so zu akzeptieren, wie sie ist. Doch später erzählt sie, wie sehr sie als Kind und Jugendliche unter den Hänseleien der anderen gelitten hat. Schon immer hatte sie das Gefühl, dass sie anders ist.

Ihr eigentliches Wesen scheint der Mann zu kennen, dem sie eines Tages begegnet. Vore (Eero Milonoff) sieht Tina (Eva Melander) seltsam ähnlich und sie fühlt sich wie magisch von ihm angezogen. Aus dieser Begegnung entwickelt sich ein grandioser und ungewöhnlicher Film, der gespickt ist mit intensiven, auch witzigen Szenen, die Tinas außergewöhnlich intensive Verbindung zur Natur zeigen – und der vielleicht animalischsten Liebesszene, die in letzter Zeit im Kino zu sehen waren.

Der iranisch-schwedische Regisseur Ali Abbasi hat mit „Border“ eine Kurzgeschichte von John Ajvide Lindqvist verfilmt. In dem so entstandenen, außergewöhnlichen Film, der sich kaum einer Schublade zuordnen lässt, spielen schon kleinste akustische Regungen eine Rolle. Daher ist die Originalversion wärmstens zu empfehlen.

Ein großer Film: befremdlich, mit unerwarteten Wendungen und erschreckend wahr in all seiner Schrägheit.

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