Berlin Alexanderplatz

Berlin Alexanderplatz

In Burhan Qurbanis freier Neuinterpretation von Alfred Döblins Jahrhundertroman kämpft ein afrikanischer Flüchtling um ein aufrichtiges Leben.

14.07.2020

Von Madeleine Wegner

Berlin Alexanderplatz

Francis wird an den Strand eines neuen Lebens gespült. Fast wäre er ertrunken, doch er hat überlebt. Und hier, an der Grenze zwischen Leben und Tod, wo sich die Sünden vergangener Zeit am Ufer brechen, schwört er: „Von nun an will ich gut sein. Ich will ein neuer, anständiger Mensch werden.“ Es wird zum Mantra seines neuen Lebens, immer und immer wieder wiederholt: „Ich will gut sein.“

Burhan Qurbani hat Alfred Döblins 1929 erschienenen und seitdem vielfach adaptierten Roman über einen vom Schicksal gebeutelten Arbeiter frei neu interpretiert. Aus Franz Biberkopf wird in „Berlin Alexanderplatz“ Francis B. und aus diesem bald wieder ein Franz. Das Drehbuch hat Qurbani gemeinsam mit Martin Behnke verfasst. Gemeinsam hatten sie bereits „Wir sind jung. Wir sind stark.“ (2014) über die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen realisiert.

Francis kommt in die Hauptstadt, in eine triste Gemeinschaftsunterkunft. Ohne Pass und Papiere arbeitet er auf einer Baustelle. „Ich will gut sein.“ Also rettet er einem das Leben und verliert dadurch seinen Job. „Ich will gut sein.“ Also steht er einem vermeintlichen Freund zur Seite und gerät dabei selbst unter die Räder. „Ich will gut sein.“ Also beschützt er die Frau, die er liebt, und bringt sie gerade dadurch in Gefahr.

„Ich will gut sein.“ Genau in diesem Mantra liegt ein Problem der dreistündigen und damit ohnehin episch ausfallenden Romanadaption: Worten scheint Qurbani mehr zu trauen, als allein den Bildern (ausgezeichnete Kamera: Yoshi Heimrath). Verstärkt wird dieser Effekt noch durch eine Erzählerin. Mieze (Jella Haase) führt uns aus dem Off als liebende Gefährtin Francis‘ durch dessen Geschichte. Auf der Berlinale Anfang des Jahres unprämiert, wurde beim Deutschen Filmpreis unter anderem Albrecht Schuch für seine geradezu erschreckend grandiose Darstellung des Drogendealers Reinhold ausgezeichnet.

„Ich will gut sein.“ Nicht die Hoffnung auf ein besseres Leben, sondern das Streben nach einem guten Leben ist das Ziel von Francis. Es scheint zu viel verlangt.

Ein mächtiger Film, der jedoch zu viel auf einmal will. Erzählen heißt dabei leider oft sagen statt zeigen.

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Erstellt:
14.07.2020, 17:29 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 14.07.2020, 17:29 Uhr

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