Die heiße Phase des Wahlkampfs beginnt

Zwei Unions-Minister im Carré, Oppositions-Chefin am Haagtor

Wenn die Plakate hängen, tritt der Wahlkampf erkennbar in die heiße Phase. Nächsten Samstag ist es auch im Tübinger Stadtgebiet soweit.

23.08.2017

Von Renate Angstmann-Koch

An den Ausfallstraßen - etwa am Hechinger Eck oder wie hier in der Herrenberger Straße in Tübingen – machen die Parteien bereits Wahlwerbung auf Großflächenplakaten. Bald werden auch an jeder Ecke Kandidatenporträts hängen. Bild: Faden

An den Ausfallstraßen - etwa am Hechinger Eck oder wie hier in der Herrenberger Straße in Tübingen – machen die Parteien bereits Wahlwerbung auf Großflächenplakaten. Bald werden auch an jeder Ecke Kandidatenporträts hängen. Bild: Faden

Grünen-Chef Cem Özdemir war vergangene Woche da. Am morgigen Donnerstag kommt Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) um 13 Uhr auf den Holzmarkt. Die örtlichen Kandidatinnen und Kandidaten für die Bundestagswahl am 24. September sind schon seit geraumer Zeit unterwegs, haben Firmenbesuche, Einladungen bei Organisationen und auch schon einige Podien hinter sich.

Der bisher von vielen als schleppend empfundene Wahlkampf tritt jetzt erkennbar in die Hochphase. Die Rathäuser versenden Wahlbenachrichtigungen. Die Parteien schicken ihre Bundes- und Landesprominenz auf Tour. Und ab Samstag, 26. August, dürfen auch in der Stadt Tübingen flächendeckend Kandidatenplakate an die Laternenmasten gehängt werden.

Minister und Staatssekretäre

In Tübingen bewerben sich neben den Vertretern der sechs Bundestags- und Landtagsparteien drei weitere Kandidaten: der parteilose Augenarzt Prof. Jens Martin Rohrbach, die Studentin Ina Mecke für „Die Partei“ und die frühere Medizinisch-Technische Assistentin Claudia Lenger-Atan für die MLPD.

Die direkt gewählte CDU-Abgeordnete Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, kann im Wahlkampf die meisten Regierungsmitglieder aufbieten. Die CDU setzt besonders auf das Thema Innere Sicherheit. Gestern sprach Staatssekretär Günter Krings aus dem Innenministerium im Foyer der Rottenburger Festhalle. Ein erster Höhepunkt der Kampagne der CDU-Abgeordneten naht am Dienstagmorgen, 29. August, in Gestalt von Innenminister Thomas de Maizière: Er kommt um 9 Uhr zu einem „Blaulicht-Gipfel“ ins Sparkassen Carré. Neben den anderen Interessierten sind besonders Vertreter der Polizei, der Justiz, der Feuerwehr und ähnlicher Organisationen eingeladen.

Am selben Abend hat Widmann-Mauz in Wachendorf den baden-württembergischen CDU-Generalsekretär Manuel Hagel zu Gast und am Tag darauf Finanz-Staatssekretär Michael Meister. Stargast der Abgeordneten ist an jenem 30. August jedoch Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Er nimmt am späten Nachmittag einen Termin am Uni-Klinikum wahr und spricht abends im Sparkassen Carré. Weitere prominente Wahlkampfgäste wie die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, Julia Klöckner und Ursula von der Leyen treten im Umland auf. Vermutlich kommt auch Volker Bouffier in den Wahlkreis. Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht am 9. September beim CDU-Landesparteitag in Reutlingen.

Martin Rosemann (SPD) setzt stark auf Tür-zu-Tür-Wahlkampf. An die Besuchstouren in Wohngebieten und Dörfern schließt sich jeweils die Einladung an „Martins rote Theke“ mit Wurst und Getränken an. Der Abgeordnete geht außerdem auf Rad- und Wandertour. Sein prominentester Wahlkampf-Helfer neben Andrea Nahles ist der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann.

Wahlkampf mit Gewerkschaften

Rosemann plant auch Veranstaltungen mit den Landesbezirksleitern der beiden größten Gewerkschaften: mit Roman Zitzelsberger von der IG Metall zur Automobilindustrie und mit Martin Gross von Verdi zum Thema soziale Berufe. SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz spricht am 13. September in Böblingen. Dass Schulz Kanzler wird, nennt Rosemann als Wahlziel.

Chris Kühn (Grüne) will keine Wahlwerbung ohne politischen Inhalt machen und thematisch die Wohnungsnot in den Vordergrund stellen. Auch er zieht von Haus zu Haus. Auf den Plakaten mit seinem Porträt stehen „Wohnen darf kein Luxus sein“ und „Zukunft ein Zuhause geben“ als Slogans.

Die Grünen sind auf die Zweitstimmen, also die Stimmen für die Partei, angewiesen. Um sie will Kühn gezielt werben. Landessozialminister Manfred Lucha und die Europa-Abgeordnete Ska Keller wollen in den Wahlkreis kommen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann tritt in Hechingen auf. Ein Höhepunkt im Wahlkampf der Tübinger Grünen mit einem Budget von 45 000 Euro soll der Besuch Jürgen Trittins am Montag vor der Wahl sein. Der frühere Bundesumweltminister fühlt sich der Region besonders verbunden.

Wie die anderen Tübinger Abgeordneten ist Heike Hänsel, Linke, als stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion bundesweit als Wahlkämpferin gefragt. Sie kandidiert als einzige der fünf baden-württembergischen Abgeordneten ihrer Partei erneut. Die Linke plant Infostände und kleinere Veranstaltungen auch in Hechingen, Rottenburg und Mössingen. In Tübingen erwartet sie am 2. September den Liedermacher Konstantin Wecker zu einer Lesung mit Gesang. Größte Wahlkampfveranstaltung der Partei ist ein Auftritt der Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht am Dienstag, 12. September, 19 Uhr auf dem Tübinger Haagtorplatz.

Christopher Gohl (FDP), Wissenschaftler am Weltethos-Institut, plant mit Frau und Kindern eine Radtour durch den Wahlkreis. Er möchte Krokuszwiebeln verteilen unter dem Motto „heute pflanzen, was morgen blüht“.

Am morgigen Donnerstag wird der Europaabgeordnete und FDP-Landesvorsitzende Michael Theurer in Rottenburg erwartet. Sein Thema: „Politik, die rechnen kann.“ Am 30. August trifft sich die FDP zur Verleihung der Reinhold-Maier-Medaille an den langjährigen Tübinger Stadtrat Kurt Sütterlin, und am 4. September erwartet sie den Ornithologen Prof. Peter Berthold zu einer Exkursion zur Biotopvernetzung.

Ehrgeizige Wahlziele

Als Ziel nennt Gohl, im Wahlkreis 18 190 Stimmen zu erreichen – ungefähr 10 Prozent. Er will beide Stimmen, Erst- und Zweitstimmen: „Ich bin ja ein guter Kandidat.“

15 bis 20 Prozent – soviel traut der Freiburger Rechtsanwalt Dubravko Mandic (AfD) seiner Partei zu. „Das ist auch das Potenzial an Erststimmen für mich“, sagt er selbstbewusst. Die AfD wolle jeden Samstag an Infoständen in Tübingen und Umgebung Wahlkampf machen. Eine größere Veranstaltung sei im September in Burladingen mit dem AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Peter Stauch geplant. Auch weitere Redner wollen auftreten.

Bilder: Archiv, Faden (1)

A. Widmann-Mauz, CDU

A. Widmann-Mauz, CDU

Martin Rosemann, SPD

Martin Rosemann, SPD

Chris Kühn, Grüne

Chris Kühn, Grüne

Heike Hänsel, Linke

Heike Hänsel, Linke

Christopher Gohl, FDP

Christopher Gohl, FDP

Dubravko Mandic, AfD

Dubravko Mandic, AfD

Vier amtierende Abgeordnete treten wieder an

Die Bundestagswahl 2013 bescherte dem Wahlkreis Tübingen in Berlin vier Abgeordnete. Annette Widmann-Mauz (CDU) wurde mit 46,9 Prozent direkt ins Parlament gewählt. Ihre Partei erhielt 41,7 Prozent der Zweitstimmen. Die SPD kam mit Martin Rosemann auf 20,5 Prozent, die Grünen erhielten mit Chris Kühn 14,8 Prozent und die Linke mit Heike Hänsel 6,6 Prozent. Die FDP mit Christopher Gohl bekam im Wahlkreis 5,5 Prozent, scheiterte aber bundesweit an der Fünf-Prozent-Hürde.

Die vier Tübinger Abgeordneten kandidieren jetzt erneut. Widmann-Mauz, Nummer zwei nach Wolfgang Schäuble bei der Landes-CDU, möchte als Wahlkreisstärkste in den Bundestag zurückkehren. Die drei anderen Abgeordneten stehen auf aussichtsreichen Listenplätzen ihrer Parteien und können ebenfalls mit ihrem Wiedereinzug rechnen: Rosemann hat Platz 14, Kühn Platz 6 und Hänsel Platz 2.

Zum Dossier: Bundestagswahl 2017

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Erstellt:
23.08.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 56sec
zuletzt aktualisiert: 23.08.2017, 01:00 Uhr

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