John Crankos Gedächtnis

Wie Georgette Tsinguirides das Werk des legendären Choreografen rettete / Ein Gespräch in Tübingen

Niemand arbeitet so lange wie sie an den Staatstheatern Stuttgart. Vor 70 Jahren wurde Georgette Tsinguirides als Tänzerin engagiert. Heute – mit fast 88 Jahren – wirbelt sie noch täglich im Ballettsaal, um die Choreografien des legendären John Cranko mit jungen Tänzern einzustudieren. Am Mittwoch kommt sie nach Tübingen.

13.02.2016

Wie Georgette Tsinguirides das Werk des legendären Choreografen rettete / Ein Gespräch in Tübingen

Tübingen. Seit zwanzig Jahren ist sie im Rentenalter. Aber Georgette Tsinguirides denkt gar nicht daran, aufzuhören. „Das ist die Tänzerdisziplin im Körper und Geist. Es geht nahtlos von einer Lebensphase in die nächste. Darin liegt eigentlich schon das ganze Geheimnis. Und, dass man liebt, was man tut.“ Georgette Tsinguirides versucht ihr Alter zu vergessen. Dächte sie ständig daran, könnte sie gar nicht arbeiten. „Irgendwann war ich halt 80, dann 85 Jahre alt. Und ich war immer in Bewegung, also bleibe ich dabei.“

Georgette Tsinguirides, 1928 in Stuttgart geboren, wuchs wegen des frühen Todes ihrer Mutter bei der Großmutter auf, einer ehemaligen Hofdame der letzten württembergischen Königin. Seit 1935 nahm Georgette Ballettunterricht an den Staatstheatern. Schon als Kind tanzte sie auf der Bühne des Großen Hauses in Opern und Operetten. Im Dezember 1945 erhielt sie ihr erstes Engagement als Tänzerin, wurde später Solistin.

Als John Cranko Ballettdirektor in Stuttgart wurde, bat er Georgette Tsinguirides in London Choreologie zu studieren. Bewegungen als Zeichen in eine Partitur niederzuschreiben, war neu – und ein Meilenstein in der Geschichte des Tanzes. Bis dahin war Tanz die vergänglichste Kunst – so flüchtig wie Musik ohne Noten.

1966 kehrte Georgette Tsinguirides als erste Choreologin Deutschlands nach Stuttgart zurück. Fortan arbeitete sie eng mit Cranko zusammen. Bereits während er probte, begann sie mit ihren Aufzeichnungen, notierte nahezu alle seine Werke in Tanzschrift. Seit seinem Tod 1973 hat sie seine Choreografien mit mehreren Tänzergenerationen einstudiert. Aber Georgette Tsinguirides rettete nicht nur in Stuttgart Crankos Lebenswerk für die Nachwelt. Sie trug es auch in die Welt hinaus: Mit über 30 Kompanien hat sie rund um den Globus Cranko-Ballette originalgetreu einstudiert. Und wo ist der Bezug zu Tübingen? TAGBLATT-Redakteurin Susanne Wiedmann schrieb die Biografie von Georgette Tsinguirides.ST

Hoch hinaus, auch mit weit über 80 Jahren: Ballettintendant Reid Anderson geht davon aus, dass Georgette Tsinguirides so häufig wie keine andere Frau der Welt von Tänzern in die Höhe gehoben wird. Auf dem Foto probt sie mit Tänzern des Stuttgarter Balletts für einen Galaauftritt.Bild: Novitzky

Hoch hinaus, auch mit weit über 80 Jahren: Ballettintendant Reid Anderson geht davon aus, dass Georgette Tsinguirides so häufig wie keine andere Frau der Welt von Tänzern in die Höhe gehoben wird. Auf dem Foto probt sie mit Tänzern des Stuttgarter Balletts für einen Galaauftritt.Bild: Novitzky

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Erstellt:
13.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 56sec
zuletzt aktualisiert: 13.02.2016, 01:00 Uhr

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