Bitte keine Tattoos - oder vielleicht doch

Wer beim Film als Statist mitmachen will, muss oft besonderen Anforderungen entsprechen

Solariumsbräune, Piercings, Tattoos: Das kann ungünstig sein, wenn man Kino-Statist sein will. Die Filmbranche hat oft besondere Vorstellungen.

22.04.2016

Von CAROLINE BOCK, DPA

Hunderte wollten mitmachen, als in Berlin ein Casting für die US-Serie „Homeland“ stattfand. Foto: dpa

Hunderte wollten mitmachen, als in Berlin ein Casting für die US-Serie „Homeland“ stattfand. Foto: dpa

Berlin. Möglichst dürr und ausgemergelt sollen die Kandidaten sein, gerne mit „gelebten“ Gesichtern. Auch Frauen mit Bubikopf sind gefragt. Und: bitte keine sichtbaren Tattoos, keine Solariumsbräune, Piercings oder getönten Haare. Schließlich spielt die Serie „Babylon Berlin“ in den 20er und 30er Jahren. Wenn historische Stoffe verfilmt werden, ist die Suche nach Statisten manchmal schwierig.

Wer bei „Babylon Berlin“ nach den Krimis von Volker Kutscher mitmachen will, muss in die Zeit passen. „Boheme, Chanson, Charleston, Cabaret, Varieté“, schwebt der Casting-Agentur „Filmgesichter“ vor. Die Komparsen sollen optisch die harten Zeiten der Weimarer Republik spiegeln, als Armut und Kriegsversehrte zum Alltag gehörten.

Bei einem Casting-Termin sieht die Warteschlange allerdings eher nach Berliner Bushaltestelle aus. Wolfgang Morgenroth (65) hat die Kutscher-Krimis gelesen und mal in einem Film die Leiter von Harald Juhnke gehalten. Der Rentner hätte Zeit und Lust auf eine Komparsenrolle. „Mich faszinieren die Krimis aus den 20er Jahren“, sagt er. Eine Bedingung ist erfüllt: „Dünn genug isser“, sagt seine Begleiterin.

Die „Babylon Berlin“-Regisseure Tom Tykwer, Hendrik Handloegten und Achim von Borries brauchen noch 500 Leute für Minirollen. Sie dürften fündig werden: In Berlin gibt es reichlich Typen und Filmfans, für die Gage gilt der Mindestlohn - ab 85 Euro für 10 Stunden. Zigtausende Namen stehen in den Statistendateien.

Auch der neue Film von Florian Henckel von Donnersmarck („Das Leben der Anderen“) klingt aufwendig. Für die Dreharbeiten von „Werk ohne Autor“ in Sachsen werden 1000 Statisten aus Görlitz, Zittau und Bautzen gesucht. „Männer müssen bereit sein, sich einen Fasson-Haarschnitt der 40er Jahre von der Maskenabteilung des Filmes schneiden zu lassen“, heißt es.

Das Thema Zeitkolorit bewegt nicht nur deutsche Filmemacher. In der Schweiz wurden kernige Burschen für die Verfilmung von „Heidi“ gesucht. Die Bücher stammen aus den Jahren 1880/81, also aus Vor-Piercing-Zeiten.

„Ästhetische Besonderheiten wie etwa Tattoos erhöhen den Aufwand für die Maskenbildner, einen realistischen Look herzustellen“, erklärt Marc Lepetit, Producer der ZDF-Serie „Ku damm 56“, die in einer Tanzschule zu Petticoat-Zeiten spielt. Die Anforderungen für Amateurschauspieler können auch sonst sehr speziell sein. Für den Werbespot eines Schweizer Discounters waren vergangenes Jahr „Edelstatisten“ erwünscht: „Charakterköpfe, Fellini-Typen aber auch Nerds und trendy Hipster.“ Als in Berlin die US-Serie „Homeland“ gedreht wurde, ging die Suche nach arabisch aussehenden Männer los. Riesenandrang beim Casting.

„Die Suche nach Komparsen ist so vielfältig wie die Geschichten, die die Filme erzählen“, sagt die Geschäftsführerin des Medienboards Berlin-Brandenburg, Kirsten Niehuus, die einen Überblick über die Projekte der Region hat. „Großartig“ sei das Komparsen-Casting für den Film „Tom of Finland“ gewesen, erzählt Niehuus. Da seien „kerlige Schwule“ in Leder und Uniform gefragt gewesen. „Und sie kamen zuhauf!“

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Erstellt:
22.04.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 23sec
zuletzt aktualisiert: 22.04.2016, 06:00 Uhr

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