Duschgel und Liebe

Was von einer Freibadsaison übrig bleibt

144 Tage war das Tübinger Freibad in diesem Jahr geöffnet. 275 095 Besucher kamen in dieser Zeit, haben sich aus- und angekleidet, Handtücher ausgerollt, Vesperdosen, Sonnencremes und Duschgels geöffnet, Bücher gelesen, Ball gespielt und am Schluss alles wieder zusammengepackt. Das heißt: Alles?

30.09.2016

Von Ulrich Janßen

Ist auch was von euch dabei? Das Reste-Regal im Tübinger Freibad.Bild: Anne Faden

Ist auch was von euch dabei? Das Reste-Regal im Tübinger Freibad.Bild: Anne Faden

Im Kassenhäuschen sammeln sich die Dinge, die nicht mitgenommen wurden, die Reste der Saison. Es sind Handtücher, Badehosen, Bikinis, Duschgels oder Schwimmbrillen. Und ein paar andere Sachen.

Verloren wurden Gebissteile. Ein Hörgerät. Und sogar ein Ehering. „Eheringe rutschen ab, weil das Wasser so kühl ist“, sagt David Letzgus-Maurer, der Leiter des Freibads, „da wird der Finger dünner.“ Drei Wochen lag in diesem Jahr ein Ehering im Regal, bis der Besitzer auf die Idee kam, er könne im Freibad sein.

Die verlorenen Dinge warten noch ein, zwei Wochen im Kassenhäuschen auf ihre Besitzer. Danach wird geräumt. Duschgels und Co. wandern ins Hallenbad Nord, EC- oder Versicherungskarten werden verschickt, und all das andere, das man noch nutzen könnte, holt eine Tübinger Lehrerin ab. Seit Jahren sortiert die Frau die Sachen und versorgt arme Familien in Rumänien mit (gewaschenen) Handtüchern oder Badeanzügen aus dem Tübinger Freibad.

Manchmal bleibt auch noch etwas mehr von einer Freibadsaison als nur ein Handtuch oder ein Gel. „Zu uns kommen ja auch viele Singles“, sagt der Freibad-Chef, „die treffen sich hier und manchmal entstehen dann Beziehungen.“

Letzgus-Maurer, der viele seiner Badegäste persönlich kennt, freut sich darüber besonders. „Die sehe ich dann im nächsten Jahr, wenn sie zu zweit kommen.“ Einmal, erinnert er sich, kam sogar ein Paar, um Hochzeitsbilder im Bad zu machen: „Die haben sich bei uns auf den Startblock gestellt.“

Ein Bild, das passt, findet der Chef des Freibads. Eine Ehe sei ja auch ein bisschen ein Sprung ins kalte Wasser.