Patiententag

Warten auf ein neues Organ

Das Universitätsklinikum Tübingen stellte sich am Sonntag als eines der besten Transplantationszentren Deutschlands vor.

23.05.2017

Von Simone Werner

Gesundheitsvorträge, Fragerunden, Infostände: Beim alljährlichen Patiententag des Uniklinikums Tübingen trafen sich unter dem Motto „Als wär’s ein Stück von mir“ am Sonntag Patienten, Angehörige und Interessierte, um sich über das Thema Organspende und Transplantation zu informieren.

Was geht in denen vor, die auf eine Niere oder Leber warten? Wie verträglich sind Immunsuppressiva, welche Chance haben Kinderwünsche nach einer Organtransplantation? Viele Fragen wurden im Klinikum beantwortet. Prof. Silvio Nadalin, Leiter des Transplantationszentrums, schilderte die aktuelle Situation der Organspende und Transplantation und präsentierte rückblickend auf das Jahr 2016 Zahlen aus dem Tätigkeitsbericht des UKT.

Die Lage sei „ernst, aber nicht hoffnungslos“, begann er seinen Vortrag. Obwohl man deutschlandweit nur von einer Stabilisierung der Transplantationszahlen auf einem niedrigen Niveau sprechen könne, seien die Resultate des UKT sowohl bei der Nieren- als auch der Leber-Transplantation exzellent. Am UKT werden Organe aus dem Bauchraum transplantiert: Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse, Darm und (erst seit letztem Jahr) Gebärmutter.

Zwei aus einem Organ

Trotz der deutschlandweit stagnierenden Transplantationszahlen fanden in Tübingen im Jahr 2016 insgesamt mehr Transplantations-Eingriffe als im Vorjahr statt. Die Zahl der Leber-Transplantationen sei verglichen mit dem Vorjahr sogar um 14 Prozent gestiegen. Laut Nadalin hat die Technik der sogenannten Split-Lebertransplantation – dabei werden zwei Transplantate aus einer Spenderleber gewonnen – in Tübingen zu einer Entschärfung der Situation des Organmangels beigetragen. Während bundesweit der Anteil dieser Transplantationsoption bei neun Prozent liegt, kommt Tübingen auf 19 Prozent.

Bei den Nierentransplantationen seien die Zahlen konstant geblieben, erklärte Nadalin. In seinem Vortrag hob er dabei den hohen Anteil an Lebendspenden (39 Prozent im Jahr 2016) hervor. Auch der liege zehn Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Postmortale Spender, die älter als 65 Jahre alt sind, bilden die zweithäufigste Spendergruppe (ein Drittel im Jahr 2016).

Große Sorgen bereiten den Medizinern derzeit die Bauchspeicheldrüsen-Transplantationen. Seit 2007 habe sich die Zahl der Pankreas-Spender in Deutschland halbiert. Noch dazu sei die Qualität der angebotenen Organe kritisch gewesen, sodass einige aufgrund langer Reanimationszeiten oder eines hohen BMI des Spenders erst gar nicht transplantiert werden konnten.

Fürs Spenden nie zu alt

Ein Novum, auf das das UKT besonders stolz ist, ist die erste Uterus-Transplantation in Deutschland. Im Herbst 2016 wurde sie in Tübingen in Kooperation mit der Universitäts-Frauenklinik und der Universität Göteborg vorgenommen. Eine junge Patientin, die ohne Gebärmutter auf die Welt gekommen war und einen großen Kinderwunsch hegte, erhielt als Lebendspende das Transplantat ihrer Mutter. Eine weitere Uterus-Transplantation ist für Anfang Juni geplant.

Damit die Besucher nicht nur die Sicht der betreuenden Ärzte kennenlernen, berichteten auch zwei nieren- und lebertransplantierte Patienten von ihren Erfahrungen in der Zeit, als sie auf der Warteliste standen und von ihrem persönlichen Krankheitsverlauf. Außerdem stellten Vertreter von Leber- als auch Nierentransplantierten-Vereine ihre Ziele und Arbeit vor.

Alle hatten ein gemeinsames Ziel: das Vertrauen in die Organspende und die Transplantation zu vergrößern. Schließlich könne sich die Lage nur verbessern, wenn mehr Spender zur Verfügung stehen. Und fürs Spenden sei man, entgegen der häufig verbreiteten Meinung, nie zu alt.

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Erstellt:
23.05.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 35sec
zuletzt aktualisiert: 23.05.2017, 01:00 Uhr

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