Scheidung

Wann gilt ein Ehevertrag als sittenwidrig?

08.06.2017

Von PR

Bild: Pixabay

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Viele Paare unterschreiben vor der Eheschließung einen Ehevertrag, der im Falle einer Scheidung verschiedene Punkte, wie zum Beispiel den Umgang mit dem Vermögen, regeln soll. Da in Deutschland eine Vertragsfreiheit herrscht, lassen sich einige Paare sehr kuriose Klauseln einfallen. Doch trotz Vertragsfreiheit kann nicht jede Klausel gestattet werden. Damit ein Ehevertrag nicht als sittenwidrig gilt, sollte sich darüber informiert werden, welche Klauseln wirksam sind und wann ein Ehevertrag als nichtig gilt.

Der Begriff der Sittenwidrigkeit ist grundsätzlich nicht nur auf den Ehevertrag zu beschränken. Stattdessen gilt er vielmehr für fast alle Rechtsgeschäfte und findet sich im § 138 BGB wieder. Um die Sittenwidrigkeit zu prüfen, werden zwei Ebenen betrachtet: der Inhalt sowie die Umstände bei der Vertragsunterzeichnung. Der Inhalt eines Vertrages gilt laut §138 Absatz 1 BGB als sittenwidrig, wenn das Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt. Das gilt auch, wenn beide Vertragsparteien mit dem Inhalt einverstanden waren und den Vertrag in dieser Form unterschrieben haben, der Ehevertrag jedoch erheblich gegen das geltende Recht verstößt. Sittenwidrigkeit besteht jedoch auch, wenn einer der beiden Vertragspartner durch den Ehevertrag übermäßig und einseitig benachteiligt wird. Dies widerspricht in der Regel der ehelichen Solidargemeinschaft und damit auch dem sittlichen Empfinden.

Wie schon erwähnt, herrscht in Deutschland die Vertragsfreiheit. Hiervon können vor allem Paare im Familienrecht und beim Erstellen eines Ehevertrages profitieren. Durch die Vertragsfreiheit ist es Paaren möglich, den Ehevertrag individueller zu gestalten. Im Falle einer Anfechtung muss hierbei jedoch jede Klausel und jeder Einzelfall genau geprüft werden. Doch es gibt auch Klauseln, die von vornherein unwirksam sind. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Klausel ein vom Gesetz vorgeschriebenes Verbot umgeht. Neben den inhaltlichen Dimensionen, ist ein Ehevertrag allerdings auch sittenwidrig, wenn bei der Vertragsunterzeichnung die Unterlegenheit oder Abhängigkeit eines Vertragspartners ausgenutzt wurde. Diese Schwäche kann sowohl aus finanziellen als auch aus psychischen Gründen bestehen.

So ist es beispielsweise möglich, dass ein Vertragspartner den Ehevertrag unterzeichnet, obwohl sein Bildungsgrad oder sein Kenntnisstand vermuten lässt, dass er die Inhalte und möglichen Konsequenzen des Vertrages nicht begreifen und absehen kann. Die Tragweite der Vereinbarungen ist in einem solchen Fall für den unterlegenen Partner nicht greifbar, so dass der Ehevertrag als sittenwidrig gilt. Doch auch, wenn der Bildungsstand des Vertragspartners die Unterzeichnung zulässt, kann der Ehevertrag nichtig werden. Das geschieht zum Beispiel wenn eine Frau zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung schwanger ist und daher emotional oder finanziell in Abhängigkeit zu ihrem Partner steht. Viele Frauen unterschreiben aus Angst davor, als alleinerziehende Mutter zu enden. Neben den finanziellen und psychischen Abhängigkeitsverhältnissen, kann auch eine Drohung oder erzeugter Druck eine Sittenwidrigkeit begründen. Erpressungsversuche und Bedrohungen würden zudem die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäftes begründen. Grundsätzlich ist ein Ehevertrag also immer dann sittenwidrig, wenn zu erkennen ist, dass einer der beiden Vertragspartner den Vertrag nicht unterschrieben hätte, wenn er nicht in irgendeiner Form abhängig gewesen wäre. Ob eine Sittenwidrigkeit vorliegt kann allerdings nie abschließend gesagt werden. In jedem Einzelfall muss das zuständige Gericht jede Klausel einzeln prüfen oder die Situation bei der Vertragsunterzeichnung einschätzen können.

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