Tübingen

Vor allem sozial

Über die Schokoladenpreise macht sich dieser Leser seine Gedanken.

08.12.2017

Von Rolf Mattmüller, Tübingen

Ich habe eine Tafel Schokolade gekauft. 100 Gramm für 2,99 Euro. Nein, nicht auf dem Schokoladenmarkt, sondern in einem Marktladen auf WHO. Unverschämt teuer! Wo man die 100-Gramm-Tafel einer lila Schweizer Weltmarke bei einem Billigdiscounter schon für 0,95 Cent bekommt. Wer macht hier den größeren Reibach? Der Schokoladen-Weltmarktführer, der Billigdiscounter oder der Biovertrieb?

Die von mir gekaufte Schokolade wird vom Importeur "fairafric.com" vertrieben. Es ist die einzige in Afrika vollständig hergestellte Schokolade: vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt. 70 Prozent des weltweit hergestellten Kakaos kommen aus Afrika. Aber nur lumpige 1 Prozent der weltweit produzierten Schokolade wird dort hergestellt. Ghana bekommt pro Tonne exportierten Kakao ca. 1700 Euro. Das sind pro 100-Gramm-Tafel gerade mal 0,17 Cent. 18 Prozent des Preises beim Billigdiscounter.

Der Reibach erfolgt also in der Wertschöpfungskette in Europa: Bezogen auf die 95-Cent-Tafel ca. 8000 Euro pro Tonne! Das vierfache. Ist das fair?

Verursachen wir mit solcher Ausbeutung – nicht nur beim Kakao – nicht selbst die Armut und das Elend, die zu den großen Fluchtbewegungen nach Europa führen? Und die uns am Ende teurer zu stehen kommen?

Ich habe meine vermeintlich teurere, in Ghana hergestellte Schokolade Stück für Stück genossen: Gentechnikfrei, 100 Prozent Bio, ohne Kinderarbeit, mit fairen Löhnen für die Kakaobauern. Die Schokolade soll denen im Halse stecken bleiben, die diese Handelsbeziehungen nicht ändern. Vegan? Ok, aber vor allem sozial.