Was wäre das Leben ohne Träume!

Von der Astronautin zur Lokaljournalistin

Früher wollte ich Astronautin werden. Voller Überzeugung hab’ ich das in sämtliche Freundschaftsbücher eingetragen, die in der 3. und 4. Klasse im Umlauf waren. Warum eigentlich?

17.08.2017

Von Kathrin Kammerer

Was ich werden möchte? Na Astronautin! Bild: Kammerer

Was ich werden möchte? Na Astronautin! Bild: Kammerer

Das war „irgendwie cool“ und außerdem ungewöhnlich für ein Mädchen. Genauer beschäftigt habe ich mich mit dem „Rumschweben im All“ aber nie. Ein oder zwei Jahre später verabschiedete ich mich von meinen Nasa-Träumen und beschloss stattdessen Tänzerin zu werden. Die hübschen und immer schön angezogenen Frauen, die durch die Videos sämtlicher amerikanischer Musikstars tanzten, wurden meine neuen Vorbilder.

Als ich schließlich ein Pflichtpraktikum während dem Gymnasium machen musste, hatten weder Nasa noch die amerikanischen Musikstars einen Praktikumsplatz für mich. Schade! Also schnupperte ich mit 16 erste Zeitungsluft.

Diese Woche, im Herbst 2008, verging wie im Flug: Das Ergebnis waren eine Straßenumfrage über Obamas Wahlsieg und ein Bericht über den Laternenumzug in meinem Heimatdorf. Und das hat mir letztendlich so großen Spaß gemacht, dass meine Berufspläne daraufhin deutlich bodenständiger wurden: Lokaljournalistin war nun das erklärte Ziel.

Nun, am Ziel angekommen, bin ich zufrieden – aber immer noch neugierig, womit sich andere Tübinger eigentlich ihre Brötchen verdienen. In der Serie „Unterwegs mit...“ werde ich ab heute immer zwei Stunden einen Tübinger in seinem Beruf begleiten.

Von Mitternacht bis 2 Uhr geht’s an die Einlasskontrolle der Clubs: Wie bewahrt man als Türsteher auch in Stresssituationen die Ruhe? Was erlebt ein Sammeltaxi-Fahrer bei seinen nächtlichen Touren von 2 bis 4 Uhr am Wochenende? Arbeiten, wo sich andere entspannen: Macht der Bademeister-Job mittags um 14 Uhr wirklich Spaß? Oder will man an besonders heißen Tagen nicht auch einfach unbeschwert ins kühle Nass springen?

Außerdem wage ich den Aufstieg mit einem Zimmermann: Wie arbeitet es sich eigentlich auf den Dächern der Stadt? Und kennen Tübingens Busfahrer wirklich jede Ecke und jede Straße? An die Arbeitszeiten eines Bäckers muss man sich gewöhnen: Was ist der Reiz, seinen Job um 3 Uhr nachts zu beginnen? Vielleicht die noch ofenwarme Brezel, die es dann zur ersten Pause um 8 Uhr gibt?

Mit meinem Astronauten-Wunsch damals war ich übrigens Einzelgängerin. Meine Freundinnen wollten in der 3. Klasse lieber Starfriseurin, Pferdetrainerin und Stewardess werden. Was aus ihnen geworden ist? Die Friseurin macht ihren Master in Geo-Ökologie, die Pferdetrainerin hat Werbedesign studiert und die Stewardess arbeitet bei der Stadtverwaltung. Wenn wir uns heute wieder treffen und in die alten Freundschaftsbücher schauen, lachen wir herzlich. Was wäre das Leben nur ohne Träume!