Vom Schultheiß zum Bürgermeister

Die Bürgermeister haben in Baden-Württemberg eine starke Position: Sie repräsentieren die Stadtgemeinde nach außen. Ihre Führungsrolle wird durch die direkte Volkswahl und eine achtjährige Amtszeit unterstrichen. In Reutlingen lässt sich das Bürgermeisteramt bis ins Jahr 1292 verfolgen.

Das Stadtarchiv widmet den Anfängen dieses Amtes vor 725 Jahren eine Wandvitrinenausstellung. Die eher beiläufige Erwähnung des ersten Reutlinger Bürgermeisters steht für eine prägende Entwicklung in der Verfassung der Reichsstadt. Während zuvor der vom Achalmer Burgvogt eingesetzte Schultheiß die Geschicke der Stadt bestimmte, trat nun mehr der gewählte Bürgermeister an die Spitze der Stadtgemeinde. Die Erwähnung des Bürgermeisteramts begründet so auch ein Stück gemeindlicher Selbstverwaltung unter der Achalm. In sozialer Hinsicht änderte sich wenig: Schultheißen wie Bürgermeister entstammten einer kleinen Gruppe aus Adeligen und Mitgliedern der städtischen Führungsschicht.

Die Wahl wird erstmals in einer Urkunde Kaiser Ludwigs des Bayern 1343 festgehalten. Demnach waren die führenden Geschlechter der Stadt wie die Becht, Teufel und Ungelter wie auch die Vertreter der zwölf Zünfte wahlberechtigt. An die Bürgermeisterwahl und die damit verbundene Verantwortung erinnert heute noch das Schwörtagsfest. Bekannt ist außerdem, dass die vermögenden Ungelter nach Zunftkämpfen in der Stadt das Feld räumen mussten. Reutlingen war damals also kein Ort für Millionäre!

Die Ausstellung im Erdgeschoss des Rathauses kann zu den Öffnungszeiten der Stadtverwaltung besichtigt werden.