Tübingen

Übertragbar?

TAGBLATT-Redakteur Volker Rekittke war im Radfahr-Paradies Holland unterwegs („Übrigens“ vom 20. Juni).

23.06.2017

Von Udo Halbscheffel, Tübingen

Als wir 1953 eine Schülerreise vom Sauerland nach Amsterdam machten, sollten wir uns in der Öffentlichkeit nur in englischer Sprache unterhalten. So jedenfalls die Empfehlung unseres Klassenlehrers. In den Jahren 1940 bis 1945 hatten deutsche Besatzer allzu negative Eindrücke hinterlassen. Waren wir sprachlich eingeengt, so haben wir desto intensiver optische Eindrücke aufgenommen. Dazu gehörten die in den Niederlanden massenhaft in Erscheinung tretenden Hollandräder mit nie vorher gesehenen Kettenschutz-Kästen und den von uns belächelten „Gesundheitslenkern“.

Heute können sich Deutsche längst zu erkennen geben, und sie tun dies ausgiebig. Volker Rekittke radelt in Haarlem, Winfried Hermann schaut sich in Utrecht ein Fahrradparkhaus an. Während in Westdeutschland nach dem Krieg eine gigantische Motorisierungswelle einsetzte, der historische Stadtviertel und saubere Luft in den Zentren geopfert wurden, erfuhr das Fahrrad eine große Akzeptanz in der niederländischen Gesellschaft.

Sind niederländische Standards übertragbar auf Tübinger Verhältnisse? Nein! Uns fehlt das „platte Land“ und der Platz im Stadtgebiet. Ich wäre schon froh, wenn der in katastrophalem Zustand befindliche Ammerbegleitweg zwischen Erasmus-Haus und Voba-Zentrale endlich gerichtet würde.