Alarm bei Lebensgefahr - oder wegen einer Spinne

Trotz mancher technischer Fehler sind Rauchwarnmelder sinnvoll, sagt Michael Oser

In Baden-Württemberg müssen seit gut einem Jahr in jeder Wohnung Rauchwarnmelder angebracht sein. Wir sprachen mit dem Tübinger Feuerwehrkommandant Michael Oser über die bisherigen Erfahrungen. Und über Probleme, die es gibt.

08.02.2016

Von Philipp Koebnik

Trotz mancher technischer Fehler sind Rauchwarnmelder sinnvoll, sagt Michael Oser

Tübingen. Die Übergangsfrist endete am 31. Dezember 2014. Seitdem sind in Baden-Württemberg für jede Wohnung Rauchwarnmelder gesetzlich vorgeschrieben. Ob die Leute dieser Vorgabe tatsächlich nachkommen, ist allerdings unklar. „Im Moment weiß niemand, wo wir eigentlich stehen“, sagt der Tübinger Feuerwehrkommandant Michael Oser. Der Grund: Es gibt keine Kontrollen. „Ich gehe aber davon aus, dass die Leute in ihrem eigenen Interesse Rauchwarnmelder an die Decke bringen.“

Rauchwarnmelder können helfen, Leben zu retten. Denn sie registrieren Gefahrenquellen, die es in praktisch jeder Wohnung gibt und die ohne ein solches Gerät meist unbemerkt bleiben. Oser nennt ein Beispiel: „Jemand kommt angetrunken nach Hause, schaltet den Herd ein, um sich etwas zu essen zu machen, und setzt sich dann vor den Fernseher und schläft ein.“ Solche Fälle gebe es immer wieder – durch den Alarm der Rauchwarnmelder kann Schlimmeres verhindert werden.

Die Geräte schrillen so lange, bis jemand sie ausschaltet. Entwickelt sich ein Brand in einer Wohnung, in der sich gerade niemand aufhält, müssen die Nachbarn die Feuerwehr rufen. „Wenn niemand im Haus ist und die Feuerwehr verständigt, dann wird es gefährlich – trotz Rauchwarnmelder.“ So war in der Wohnung der jungen Frau, die durch einem Brand in der Ammergasse Mitte November ums Leben kam, ein Rauchwarnmelder angebracht. Doch sie hörte den Alarm nicht.

In den vergangenen Wochen ist Oser zufolge „nichts Aufregendes passiert“. Zwei oder drei Mal sei man ausgerückt, „beispielsweise wegen angebrannten Essens“. Seit Einführung der Pflicht vor gut einem Jahr gab es im Landkreis Tübingen etwa 50 Feuerwehr-Einsätze wegen des Alarms eines Rauchwarnmelders. Allerdings: „Rund die Hälfte davon wurde durch eine unbekannte Ursache ausgelöst.“

Die Geräte funktionieren optisch (siehe Kasten). Das bedeutet, dass nicht nur Rauch den Alarm auslösen kann, sondern auch etwas anderes, das sich in dem Gerät befindet. Häufig ist selbst für die Einsatzkräfte nicht nachvollziehbar, was den Alarm bewirkt hat. „Das kann zum Beispiel eine Spinne sein, die darin rumkrabbelt.“ Ganz ausgereift ist die Technik also noch nicht. Dennoch: Durch den Alarm eines Rauchwarnmelders wird ein Brand frühzeitig bemerkt. Vielen Menschen, die sonst wohl umgekommen wären, konnte so das Leben gerettet werden, sagen Experten.

Seit einem Jahr Pflicht: Wie funktionieren Rauchwarnmelder?

In fast allen Bundesländern gilt inzwischen eine Rauchwarnmelder-Pflicht. In der Regel gilt: Schlafräume, Kinderzimmer und Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, müssen jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Üblich sind optische Rauchwarnmelder. Diese arbeiten nach dem Streulichtverfahren. Befinden sich Rauchpartikel in der Luft und geraten in die optische Kammer des Rauchmelders, so wird ein von einer Infrarotdiode ausgesandter Prüf-Lichtstrahl an den Rauchpartikeln gestreut. Ein Teil dieses Streulichtes fällt dann auf einen lichtempfindlichen Sensor, der nicht direkt vom Lichtstrahl beleuchtet wird – und der Rauchmelder spricht an. Ohne (Rauch)-partikel in der Luft kann der Prüf-Lichtstrahl die Fotodiode nicht erreichen. Die Beleuchtung des Sensors durch von den Gehäusewänden reflektiertes Licht der Leuchtdiode oder von außen eindringendes Fremdlicht wird durch das Labyrinth aus schwarzem, nicht reflektierendem Material verhindert. Optische Rauchmelder sind nicht zuletzt dann sinnvoll, wenn mit vorwiegend kaltem Rauch bei Brandausbruch, also einem Schwelbrand zu rechnen ist.

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Erstellt:
08.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 37sec
zuletzt aktualisiert: 08.02.2016, 01:00 Uhr

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