Rund 150 Teilnehmer erinnern an Reutlinger Bluttat – Großes Polizeiaufgebot

Trauermarsch für Mordopfer

Für die vor einer Woche in Reutlingen getötete Frau fand jetzt ein Trauermarsch statt. 150 Teilnehmer waren gekommen, sie zogen still durch die Stadt.

01.08.2016

Von MADELEINE WEGNER DIETMAR CZAPALLA

Polnische Fahnen beim Gedenken in Reutlingen: Eine 45-Jährige war vor acht Tagen Opfer einer Bluttat geworden, vermutlich war es ein Beziehungsstreit. Foto: dpa

Polnische Fahnen beim Gedenken in Reutlingen: Eine 45-Jährige war vor acht Tagen Opfer einer Bluttat geworden, vermutlich war es ein Beziehungsstreit. Foto: dpa

Reutlingen. . Wir wollen schweigend trauernd“, sagte Mariusz Skrzypczak, „schreien kann jeder.“ Am frühen Samstagabend hatten sich rund 150 Menschen in der Reutlinger Karlstraße versammelt, um der Frau zu gedenken, die am Sonntag vor einer Woche auf offener Straße in der Innenstadt umgebracht worden war. Die 45-jährige Frau stammte aus Polen. Viele der Teilnehmer hatten polnische Fahnen dabei. „Keiner von uns dreien kannte die Frau persönlich“, sagte Skrzypczak, der den Trauermarsch zusammen mit zwei Landsmännern organisiert hatte: „Die Tat hat uns so entsetzt. Wir haben Gänsehaut bekommen.“ Über soziale Netzwerke hatten sie zu dem Trauermarsch aufgerufen. „Wir freuen uns über jeden, der mit uns trauert. Alle Länder sind willkommen“, sagte Skrzypczak.

Nahe dem Zentralen Omnibusbahnhof hatte ein 21-jähriger syrischer Asylbewerber mit der Frau gestritten und sie mit einem 60 Zentimeter langen Dönermesser am Kopf verletzt. Sie starb an Ort und Stelle. Täter und Opfer kannten sich von der gemeinsamen Arbeit in einer Gaststätte. Zu dem Trauermarsch mit anschließendem stillen Gedenken hatten die Veranstalter rund 500 Teilnehmer erwartet. Es sollte eine reine Trauerkundgebung ohne Reden werden. Die Stadt hatte ein Verbot für politische Transparente ausgesprochen.

Während sich auf dem Platz vor der Hauptpost ab 17 Uhr die rund 150 Teilnehmer, viele polnische Staatsbürger aus Reutlingen und der weiteren Umgebung, aber auch aus Krakau, Kattowitz und aus weiteren polnischen St ädten versammelten, zeigte die Polizei starke Präsenz. ,,Mit zirka 60 eigenen Beamte, dazu zirka 70 vom Polizeipräsidium Einsatz mit sechs Reitern und vier Polizeihunden“, so Pressesprecher Christian Wörner vom Polizeipräsidium Reutlingen, war man auf befürchtete Störungen Rechtsextremer vorbereitet.

An dem Trauermarsch nahm auch der beim polnischen Generalkonsulat in München für das Kulturreferat zuständige Konsul Marcin Król teil. ,,Ich wünsche mir, dass alles ruhig und friedlich bleibt und wir unsere Trauer zum Ausdruck bringen können“, sagte Król.

Der Trauermarsch bewegte sich schweigend zu der am Tatort seit Tagen provisorisch eingerichteten Gedenkstätte. Nach dem gemeinsamen Singen der mit den Worten ,,Polen ist noch nicht verloren, so lange wir leben...“ beginnenden Nationalhymne Polens wurden Blumen abgelegt und brennende Kerzen und Grablichter abgestellt. Anschließend ging der Trauermarsch weiter durch die Stadt, bevor sich die Gedenkveranstaltung auflöste. ,,Alles ist dem Anlass entsprechend würdevoll und ohne jegliche Störungen friedlich verlaufen“, so Polizeisprecher Wörner.

Schon am Freitag hatten rund 100 syrische Flüchtlinge, etwa 250 Unterstützer, Ehrenamtliche und Interessierte für ein friedliches Miteinander unterschiedlicher Kulturen in Reutlingen demonstriert. Dabei gedachten die Teilnehmer auch der getöteten Polin.