Anpfiff über einen ganz speziellen Anhänger des Amateurfußballs

Spätzleskicker Jablonski: Nicht meckern, machen!

05.11.2016

Von Hansjörg Lösel

Ein rot-schwarzer Normannia-Gmünd-Schal, dazu ein gelb-roter vom SV 03, garniert mit einem Tübinger Wimpel – schon rein äußerlich fiel Hansjürgen Jablonski auf am Dienstag beim WFV-Pokal-Achtelfinale zwischen dem SV 03 Tübingen und Gmünd. Wer sich um die Attraktivität des Amateurfußballs sorgt, sollte sich mit dem 45-jährigen unterhalten. „Glotze aus, raus ins Stadion“ – diesen Grundsatz lebt Jablonski vor. Und der Kick wird Kult. Der Gmünder verpasst kein Normannia-Spiel, soweit es die Familie und der Job zulassen, tourt er auch noch über weitere Sportplätze im Land. Mit einer Besonderheit: „Es gibt ja Groundhopper, und ich bin eben ein Groundhiker“, sagt Jablonski. Heißt: Der 45-Jährige wandert auf die Plätze. Gut, die ganze Strecke schafft er in den seltensten Fällen, Rekord sind 44 Kilometer bis nach Ebnat. Auch die Fahrt nach Tübingen wurde noch zu einer (kurzen) Wanderung genutzt: Jablonski fuhr mit der Bahn bis Unterjesingen, lief dann über den Spitzberg zum SV03-Stadion. In Sichtweite zum Gmünder Stadion Schwerzer wurde Jablonski geboren, begonnen hat seine Normannia-Neigung aber erst 1995. Zwar ging seine Stadion-Premiere gegen Stuttgart-Rohr mit einem tristen 1:1 zu Ende, Gmünd stieg nach der Saison gar aus der Landesliga ab. Doch Jablonski war angefixt, hält dem Klub seitdem die Treue.

In Tübingen war Jablonski nicht das erste Mal – mehr noch als der SV 03 hat es ihm aber der TV Derendingen angetan. Über eine Vereins-Tasse, noch so eine ganz eigene Vorliebe, wurde er auf den TVD aufmerksam, und seit seinem ersten Besuch in der Gartenstadt ist Jablonski verliebt in Derendingen. Warum er das TVD-Gelände den „kleinen Bökelberg“ nennt, ist nachzulesen auf seinem Blog „Spätzleskick“. Nicht das einzige journalistische Betätigungsfeld des gelernten Groß- und Außenhandelskaufmanns: Im Stadionheft von Normannia hat er auf Seite 2 eine feste Rubrik („Jablonskis Welt“), gelegentlich schreibt er für die Gmünder Tagespost, im aktuellen Magazin „Zeitspiel“ erschien sein Artikel über die Geschichte besonderer Fußball-Derbies. „Ich schmökere halt gerne in Archiven“, sagt er. Mangelnde Distanz zu seiner Normannia muss sich der Mann nicht vorwerfen lassen: Ein Funktionärsamt etwa kam nie in Frage, „ich bin nicht mal Vereinsmitglied.“ Aber wie sieht es nun aus mit der Zukunft der Fußball-Amateure, drohen die Kult-Kicker vom Profi-Zirkus verdrängt zu werden? „Nicht meckern, machen“, sagt Jablonski, über die Verbände zu lamentieren bringe nicht viel. Stattdessen versucht er etwa mit der Fan-Initiative „Lokalrunde“ andere mit seiner Leidenschaft anzustecken. Als Vorbild dient die Hamburger Fan-Szene: Dort kamen neulich fast 1000 Leute zu einem Kreisliga-Spiel. Das fasziniert Jablonski. Als ihn ein Kumpel aber neulich mal zum FC St. Pauli mitnahm, sprang der Funke nicht wirklich über: Zu viel Professionalität, zu viel Kommerz. Viel lieber schwätzt er wie am Dienstag im SV 03-Stadion noch bei einem Bier und einer Wurst mit alten Kumpels wie Peter Baur, Claus „Bredi“ Breitenberger oder Helmut „Tschumle“ Thurner.

Zurück ins heimische Gmünd gekommen ist Jablonski, der keinen Führerschein hat, übrigens im Teambus, die Normannia-Kicker nahmen ihren Edelfan mit. „So was gibt es halt beim FC Bayern nicht“, sagt Jablonski. Der Mann weiß schon, warum er ausgerechnet den Amateurfußball so liebt.