Wunsch nach Respekt

Soziologen befragen Migranten zur Pflege

Was wünschen sich Menschen, die einst als Gastarbeiter aus der Türkei kamen, wenn sie pflegebedürftig werden? Sehr Unterschiedliches, ergab eine Studie Tübinger Soziologen. Sie haben eine Handreichung für Ärzte, Pflegekräfte und andere Interessierte erarbeitet.

01.09.2016

Von ST

Tübingen. Im Projekt „CarEMi“ (Care for Elderly Migrants – Pflege für ältere Migranten) wurde untersucht, ob es kulturelle Besonderheiten gibt, die bei der Altenpflege von Migrantinnen und Migranten Beachtung finden sollten. Für die vom Bundesbildungsministerium geförderte Studie interviewten Forschende unter der Leitung von Dr. Andrea Kronenthaler in den Städten und Kreisen Tübingen und Reutlingen 32 türkische Migranten der ersten, zweiten und dritten Generation, außerdem 14 Hausärzte und medizinische Fachangestellte, dazu 21 Vertreter aus Politik, Pflegeinstitutionen und türkischen Vereinen.

Migranten sind oft schlecht über Angebote wie Beratungsstellen oder die ihnen zustehenden Leistungen informiert, wurde deutlich. Das gehe meist zu Lasten der Angehörigen. Auch gebe es Nachholbedarf bei jenem kulturspezifischen Grundwissen von Ärzten und Pflegekräften, das sich viele Migranten wünschen. Sie erhoffen sich etwa Unterstützung bei der Gebetswaschung oder Mahlzeiten, die nach islamischen Vorschriften zubereitet werden.

Die meisten wollen nach Geschlechtern getrennt versorgt werden. Insgesamt waren die geäußerten Bedürfnisse sehr unterschiedlich. Wie vielen anderen Senioren lag den befragten Migranten am Herzen, dass das Pflegepersonal ihnen respektvoll und freundlich begegnet.

Die Interviews mit Ärzten und Pflegekräften ergaben, dass es häufig Verständigungsschwierigkeiten gibt. Die „Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“ sichert Pflegebedürftigen zu, der „Kultur und Weltanschauung entsprechend zu leben und die eigene Religion auszuüben“. Damit dieses Recht in die Praxis umgesetzt werden kann, hat das Projektteam eine Handreichung für Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und andere Interessierte erarbeitet. Die Ergebnisse der Studie werden am Sonntag, 25. September, während der interkulturellen Woche bei einer Ausstellung in den Tübinger Rathaus-Arkaden gezeigt.