Über die Tübinger Bundesliga-Basketballer

Sechs sieglose Monate – das gibt es nur bei den Walter Tigers

Was haben Sie am 29. April 2017 gemacht? Kein Tag fürs Langzeitgedächtnis –der FC Bayern wurde vorzeitig Deutscher Fußball-Meister, mal wieder.

28.10.2017

Von Hansjörg Lösel

Schon eher außergewöhnlich: Die Walter Tigers Tübingen haben an diesem Tag tatsächlich ein Spiel in der Basketball-Bundesliga gewonnen. Das 80:75 gegen Braunschweig war allerdings der einzige Erfolg der letzten zehn Saisonspiele 2016/2017. Am Sonntag, 29. Oktober, exakt ein halbes Jahr später, soll nun gegen Bonn endlich der erste Erfolg der neuen Spielzeit her. Im siebten Anlauf – saisonübergreifend weisen die Tigers also eine niederschmetternde Bilanz von 1:15 Siegen auf.

Für viele Lautsprecher, vor allem in den (a)sozialen Netzwerken, ein klarer Fall: Der Trainer muss weg! Doch es ist zu einfach, nur an Tyron McCoy zu kritteln. Klar ist: Manager Robert Wintermantel hat ebenfalls einen großen Anteil an der Zusammenstellung der Mannschaft gehabt. Und ist damit mitverantwortlich für die offensichtliche Schwäche unter dem Korb – auf der Center-Position müssen die Tigers nun wohl nachjustieren. Dazu kommt, dass das Gesamtkonstrukt des Kaders den Coach permanent in eine Zwickmühle bringt: Jared Jordan, als Ballverteiler die zentrale Figur in praktisch jedem Angriff, hat in der Defensive unübersehbare Schwächen. Lässt McCoy seinen Kapitän auf der Bank, lahmt die Offensive – spielt Jordan allerdings, attackiert jeder Gegner sofort diese Schwachstelle. Ausdruck dieses Dilemmas: Jordan führt wie alle Jahre wieder die Assist-Wertung der Liga an – gleichzeitig ist die Tigers-Abwehr die löchrigste aller 18 Teams.

Sechs sieglose Monate übersteht ein Bundesliga-Trainer wohl nur in Tübingen – Kuriosum am Rande, dass sich diese Woche die Fußballer des SV 03 von ihrem Coach Robert Hofacker getrennt haben. Dabei hat der in der Landesliga eigentlich weniger Druck – und anders als die Basketballer verbuchten die Kicker immerhin schon zwei Saisonsiege.

Mirko Merlo, der Chef der Walter AG, hatte bei der Teamvorstellung der Walter Tigers vor der Saison unverblümt angesprochen, dass der Hauptsponsor bitteschön Erfolge sehen will. Es wäre sicher falsch, personelle Entscheidungen allein vom Ausgang des Sonntag-Spiels gegen Bonn abhängig zu machen. Doch die Tigers-Verantwortlichen müssen schon sehr genau analysieren, welche Entwicklung die Mannschaft genommen hat. Und sie dürfen nicht die Augen verschließen vor den immer deutlicheren Lücken auf den Tribünen der Paul-Horn-Arena. Keines der ersten drei Heimspiele war ausverkauft, der Frust selbst der treuesten Fans ist nachvollziehbar. Heimsiege nur noch im Halbjahres-Rhythmus machen nicht sexy. Das Signal ist eindeutig: Das Publikum hat die Nase voll vom ständigen Abstiegskampf, so ehrenwert es objektiv gesehen auch sein mag, dass sich die Tigers im 14. Jahr hintereinander mit vergleichsweise geringen Mitteln immer wieder zum Ligaverbleib hangelten.

Sicher scheint: Wintermantel wird nicht die Initiative ergreifen, um seinen ehemaligen Mitspieler McCoy zu entlassen. Entscheidend wird die Frage sein, ob irgendwann dem Geldgeber die Geduld ausgeht. Das einzig überzeugende Argument sind Siege.

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Erstellt:
28.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 24sec
zuletzt aktualisiert: 28.10.2017, 01:00 Uhr

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