Adventsbrauch

Schwäbische Fleggaweihnacht

Jedes Jahr ziehen Hunderte Menschen durch Nellingsheim, um die Weihnachtsgeschichte nachzuempfinden. Auch am Sonntag wieder.

12.12.2016

Von Ifigenia Stogios

Seit zwölf Jahren organisiert Anita Herrmann von der evangelischen Kirchengemeinde Wolfenhausen-Nellingsheim das Open-Air-Krippenspiel. Davor fand es immer in der Kirche statt – schon seit beinahe 40 Jahren. 30 bis 40 Einheimische sind stets daran beteiligt. Auch der Musikverein spielt einen Part. So bekannt ist die Nellingsheimer Fleckenweihnacht mittlerweile in der Region, dass immer mehr Besucher von auswärts zu dem Spektakel herkommen.

Lokalkolorit verströmt das fromme Stück auch deshalb, weil die Schauspieler ihre Dialoge auf Schwäbisch vortragen. „Ma, laß mi amol verschnaufa! Müaße mir noch arg weit laufa?“, fragt Maria alias Maren Wagner ihren Ehemann Joseph (Manfred Schrade), und der antwortet: „So spät am Obed konnt koahs maih, dazua na bei dem tiafe Schnai.“ Den Text schrieb der Nellingsheimer Organist Hans Bachteler vermutlich zu einer Zeit, als es noch Schnee gab.

Kein Herz für Fremde

Um halb fünf hatten sich gestern schon rund 100 Schaulustige vor der Kirche versammelt. Erste Station, zu der alle hinliefen, war das Schlachthaus – im Spiel die Stadt Bethlehem. Maria und Joseph frieren, suchen dringend nach einer Bleibe, landen beim Haus von Ilona Schäfer. Dort werden sie von einem Bauern (Jonathan Katz) abgewiesen: kein Platz und wohl auch kein Herz für Fremde.

Die Prozession mit dem Heiligen Paar an der Spitze zieht weiter, zum nahe gelegenen Haus von Heinz Bauer. Vor dessen Tür stehen Bernd Mayer und Ilona Schäfer als Wirtsleute, die den Hilfesuchenden einen Platz in ihrer Scheune anbieten. Erst geht es hinaus auf eine Baumwiese in der Panoramastraße, wo sechs Hirten um ein Lagerfeuer herumsitzen. Inzwischen ist es dunkel geworden. Als Zuschauer wähnt man sich bei dieser Szene wie in einem Märchen. Drei Schafe in einem Gehege fesseln die Aufmerksamkeit – vor allem die der kindlichen Zuschauer.

Ein weiteres Highlight: Zwei Engel (Bettina Rieker und Manuella Müller) erscheinen den Hirten und verkünden ihnen die Geburt des Erlösers. Danach spielt der Musikverein weihnachtliche Weisen.

Nächste Station, Mauerstraße, die Heiligen Drei Könige kommen ins Spiel. In beeindruckenden Gewändern, so wie es für sie gehört, schließen sie sich dem Zug an, der beim Bürgerhaus endet. Dort, in einer mit Tannenbäumen geschmückten Garage, befindet sich die Krippe. Vor ihr sammeln sich Hirten, Könige und Zuschauer. Die Drei Weisen aus dem Morgenland überreichen Geschenke. Alle beglückwünschen das Heilige Paar zum Neugeborenen, und gemeinsam singen Schauspieler und Publikum „Der Heiland ist geboren“.

Das erste Mal mit 14 Jahren

Manfred Schrade spielte den Joseph nicht zum ersten Mal. „Das erste Mal war ich 14“, erzählt er. Zwischendurch hat er ein paar Pausen eingelegt, doch nie ganz die Lust verloren. Auch Maren Wagner spielte schon mehrfach die Maria.

Besucher und Schauspieler ließen den Abend mit Waffeln und Glühwein ausklingen. Noch eine gelungene Fleckenweihnacht ging zu Ende. Die Spenden bekommt die „Arche Intensivkinder“ in Mähringen, die dauerbeatmeten Kindern ein Zuhause bietet.

Schwäbische Fleggaweihnacht