Basketball

Schwaben-Derby wird zum Krisengipfel

Das neu formierte Ulmer Team ist schwach in die Saison gestartet. So schwach, dass sich sogar die noch sieglosen Tübinger gegen den Dauerrivalen etwas ausrechnen.

04.11.2017

Von SEBASTIAN SCHMID

Tübingen/Ulm. Die Tiger wittern ihre Chance, endlich – nach einer scheinbar unendlich lange andauernden Serie von zwölf Spielen – wieder einmal den Dauerrivalen schlagen zu können. Am 26. Februar 2011 gelang es den Tübinger Bundesliga-Basketballern zum letzten Mal, Ratiopharm Ulm zu besiegen. Seitdem wurde die Kluft zwischen den beiden schwäbischen Klubs immer größer. Die Ulmer jagten unter Trainer Thorsten Leibenath (vergeblich) einem Titel hinterher und haben sich in der Liga-Spitze etabliert. Die Tübinger hingegen krebsten eher am Tabellenende herum, als dass sie ernsthaft um die Playoffs mitspielten. Doch vor dem Derby heute Abend in der Tübinger Paul-Horn-Arena (20.30 Uhr/live bei Telekom Sport) sind die Teams so eng zusammen wie schon seit Jahren nicht mehr.

Per Günther als Konstante

Und das, obwohl die Gastgeber mit null Siegen aus sieben Spielen Letzter der Liga sind. Doch die Ulmer, vergangenes Jahr noch Hauptrundensieger und in der Saison zuvor Vizemeister, haben einen veritablen Fehlstart hingelegt. Dass der Auftakt für das Ratiopharm-Team schwer werden würde, war beim Blick auf die Abgänge absehbar: Liga-MVP Raymar Morgan, Chris Babb, Braydon Hobbs, Karsten Tadda und der Ex-Tübinger Augustine Rubit haben den Verein nach dem Halbfinal-Aus gegen Oldenburg verlassen. Damit blieb aus der Anfangsformation lediglich Ulms Dauerbrenner Per Günther übrig.

Doch mit den NBA-erfahrenen Luke Harangody und Toure Murry, dem Neuseeländer Isaac Fotu, Nationalspieler Ismet Akpinar und den beiden Bundesliga-erprobten Ryan Thompson und Trey Lewis gelang es Manager Thomas Stoll, eine von den Namen her schlagkräftige Truppe zusammenzustellen. Die Experten waren sich vor dem Saisonstart einig, dass diese Mannschaft ein Topkandidat fürs Halbfinale ist. Auch der erste Titel seit dem Pokalgewinn 1996 war – und ist es immer noch – möglich, da Ulm als Ausrichter für das Pokal-Halbfinale in eigener Halle im Februar gesetzt ist. Doch die Hoffnungen auf eine neuerliche Erfolgssaison haben einen heftigen Dämpfer erhalten.

Beide Teams stehen unter Druck

Vier Niederlagen in Serie kassierte Ulm zum Saisonstart und liegt vor dem Derby mit einer Bilanz von zwei Siegen aus sieben Spielen lediglich auf Rang 13. Angesichts der Tabellenkonstellation stellt Trainer Leibenath klar: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es das wichtigste Spiel für uns.“ Mit einem Sieg wäre sein Team wieder an den Playoff-Plätzen dran, dem Minimalziel. Bei einer Niederlage müssten die Ulmer ihren Blick wohl noch für eine Weile in der Tabelle nach unten richten.

Allerdings ist es keineswegs so, dass die Tübinger völlig befreit und ohne Druck ins Derby gehen können. Die Mannschaft von Coach Tyron McCoy ist besser als das, was sie bislang gezeigt hat. Mit Spielern wie Jared Jordan, Ryan Brooks oder Kris Richards sollte mehr drin sein als die ganze Saison Abstiegskampf. Sollte gegen Ulm und kommende Woche gegen München allerdings kein Sieg gelingen, hätten die Tübinger ihren Negativ-Startrekord in der Bundesliga eingestellt. In diesem Fall könnte das darauffolgende Heimspiel gegen Aufsteiger Erfurt bereits zu einer Schlüsselpartie für McCoy werden.

Doch so weit will in Tübingen noch niemand denken, zumal nicht nur Tigers-Manager Robert Wintermantel sich gegen die angeschlagenen Ulmer etwas ausrechnet: „Die Siegchance war vielleicht schon lange nicht mehr so groß wie dieses Jahr.“ Allerdings haben sich die Gäste etwas gefangen und für ein wenig Ruhe gesorgt, nachdem Kapitän Per Günther schon Alarm geschlagen hatte. „Es fehlt überall, und wir müssen weiter hart arbeiten“, hatte der 29-Jährige nach der fünften Niederlage aus den ersten sechs Spielen gesagt und ergänzt: „Wir haben jetzt ein paar Spiele, die wir unbedingt gewinnen müssen. Sonst brennt der Baum.“ Dazu zählte Günther auch die Partie in Tübingen.

Das Derby, in den vergangenen Jahren auf dem Papier immer eine klare Angelegenheit, wird heute also zum kleinen Krisengipfel, in dem sich einer der Kontrahenten ein wenig Luft verschaffen kann. Für den Verlierer dürften die kommenden Wochen ungemütlich werden.