Sommer Open-Air

Schrille Soli, stoisches Stampfen

Das erste der vier Großkonzerte dieses Wochenendes auf dem Eugen-Bolz-Platz in Rottenburg fand am Donnerstag im Regen statt. Die Stimmung bei Status Quo war dennoch mitreißend.

02.09.2017

Von Werner Bauknecht

Vielleicht lag es am Sauwetter mit viel Regen. Vielleicht aber auch an der nachlassenden Attraktivität der Band. Denn Status Quo zählen zu den Dinosauriern des Rock, existieren seit über 50 Jahren und haben in der Zeit über 120 Millionen Tonträger verkauft. Sagt deren Management. Jedenfalls kamen am Donnerstag kaum mehr als 1500 Fans auf den Eugen-Bolz-Platz in Rottenburg. Vor dem Eingang versuchten Kartenbesitzer ihre Tickets zu verscherbeln. „Das Wetter ist nix für mich“, sagte Gunnar Harp, der aus Horb hergefahren war. Die Karte sei ein Geschenk gewesen, gestand er dann noch.

Die Vorgruppe spielte derweil zum Rock auf. Travelin Jack aus Berlin kam daher wie aus der Zeit geworfen. Optisch etwa Ära Glam-Rock, Kiss, Mott the Hoople. Also mit Glitzer im Gesicht, Plateauschuhen und hautengen Lederhosen. Frontfrau und Sängerin Alia Spaceface, schwarzhaarig, in Glitter und Silberstiefeln, hatte eine schnittige Flying V- Gitarre um den Hals. Mit ihrer Röhre dominierte sie die Hard-Rock-Mucke der Band, in der außerdem Gründer Flo Kraemer mit seiner Gitarre auffiel.

Der Mix aus Scorpions, Deep Purple und Sweet, angereichert mit ein paar Psychedelic-Sounds, zündete. Für eine Anheizerband erhielt Travelin Jack, zu Recht übrigens, erstaunlich viel Beifall. Und Alia Spaceface konnte ihre Flying V spielen, legte einige rasante Soli hin. Die Gruppe hatte ihr Soll erfüllt: rotzfrechen Rock gespielt, sich bestens präsentiert und das Volk auf den Haupt-Act eingestimmt.

Die Umbaupause war kurz. Inzwischen war es dunkel geworden und die Stimmung unruhiger. „Jetzt kommen sie gleich“, sagte ein Mann zu seiner Begleiterin und zückte schon mal das Smartphone. Und dann, unter pompöser Orchestermusik, erstrahlte die Lightshow und die Band marschierte auf die Bühne.

Ein Mitbringsel aus England

In der Mitte ein schlanker Mann in Schwarz mit grüner E-Gitarre. Francis Rossi (68), Mr. Status Quo persönlich, zumal der andere Protagonist der Band, Rick Parfitt, Ende 2016 verstorben ist. Mit „Caroline“ ging es gleich in die Vollen, ein Status Quo-Klassiker, bei dem gefühlt ein Drittel der Zuschauer den Refrain mitsang. Beim folgenden „Something ‚Bout You Baby“ dann erstmals das Markenzeichen der Boogie-Monster aus England: Mit gezückten Klampfen standen alle drei Saitenvirtuosen nebeneinander und rockten mit den Köpfen als Schwungkörper. Ikonenhaft.

Es fing wieder an zu regnen. „Ich habe Euch heute unser englisches Sommerwetter mitgebracht“, sagte Rossi breit grinsend. Mit ihm auf der Bühne saßen und standen Bassmann und Sänger John Edwards, Drummer Leon Cave und vor allem Rossis kongenialer Gitarrenpartner und Keyboarder Andy Bown. Der Graukopf ist bereits seit 1976 Mitglied der Band. Richie Malone ist neu an der Gitarre, gerade mal 26 Jahre alt und ersetzt Rick Parfitt.

In einem Medley handelten die Briten etliche ihrer Hits im Schnellverfahren ab. Nummern wie „What You’re Proposing“ oder „Down the Dustpipe“ sind Mitmach-Songs und gehen in die Beine. Wie überhaupt das gesamte Konzert dazu angetan war, zumindest stets mit dem Fuß zu wippen, oder mit erhobenen Händen mitzuklatschen und zu tanzen. Quo machen keine Musik zum Zuhören. Bei ihnen gibt es Rhythmus, und zu dem soll man sich gefälligst bewegen. Dass es Rossi, dem erfahrenen Rock-Schlawiner, Spaß macht auf der Bühne, war nicht zu übersehen. Rock-Ausfallschritt, angedeuteter Entengang nach Chuck Berry, Griffbrettorgien auf der Gitarre und stets ein Lächeln auf den Lippen. Dazu sang er auch noch ganz passabel. In dem Bereich hat sein Partner Edwards noch deutlich Luft nach oben.

Nach 70 Minuten der Überhit

Dann die Hits. „In the Army Now“ zum Beispiel, mit klasse Arrangement. Live blühte der eigentliche Langweiler ziemlich auf. Fast hypnotisch der Refrain, schrill die eingestreuten Soli. „Down Down“ stampfte stoisch über den Platz. Nach 70 Minuten Spielzeit noch der Überhit der Band, John Fogertys „Rockin‘ All Over the World“. Das Publikum war glücklich. „Seit 20 Jahren gucke ich mir jetzt die Status Quo-Konzerte an“, sagte ein strahlender Bernhard Kneipp aus Balingen, „aber den Song haben sie jedes Mal gespielt.“

Lange ließen die Musiker sich nicht bitten: Nach wenigen Minuten kam gleich der Zugabenteil. Dass es noch immer regnete, hatten die meisten der Besucher vergessen. „Rock ‚n‘ Roll“, rief Rossi und spielte „Bye Bye Johnny“.

Mr. Status Quo persönlich: Francis Rossi, ein Dinosaurier des Rock. Bild: Rippmann

Mr. Status Quo persönlich: Francis Rossi, ein Dinosaurier des Rock. Bild: Rippmann