Basketball-Bundesliga

Schlafenden Riesen erweckt

 Die Walter Tigers Tübingen liegen in Ulm auf Siegkurs. Doch am Ende gibt es eine klare 72:87-Derbyniederlage zum Saisonabschluss. 

02.05.2017

Von Moritz Hagemann

Mit einer Tüte Popcorn kam Da’Sean Butler aus der Kabine. Er war einer von vier Ulmern, die das Derby gestern verletzt verpassten. Und es auf der Bank wie einen Hollywood-Streifen im Kino genießen wollten. Doch die Tübinger Tigers sorgten dafür, dass lange Zeit nicht der Film lief, den die Ulmer sehen wollten.

Gary McGhee vollendete per Dunk nach 23 Minuten einen 9:0-Lauf zur 43:36-Führung für Tübingen. 6200 Zuschauer in der ausverkauften Halle waren leise, bahnte sich tatsächlich der erste Tübinger Derbysieg seit 2011 an? Die 30 – trotz der hohen Ticketpreise – mitgereisten Tigers-Fans machten sich bemerkbar. „Wir haben bis dahin richtig gut verteidigt und die Dreier von Ulm kontrolliert“, sagte Tübingens Forward Alvaro Munoz. Dessen Coach Tyron McCoy hatte seinem Team eine Pressverteidigung gegen den formschwachen Ulmer Spielmacher Per Günther auferlegt. Eine gute Maßnahme. „Damit hatten wir Probleme“, sagte Ulms Coach Thorsten Leibenath. In der ersten Hälfte kontrollierte Ulm zwar das Spiel, die Tigers blieben aber dran. Zur Pause lag Tübingen beim 31:33 in guter Position.

Und drei Minuten nach Wiederbeginn mit sieben Punkten Vorsprung gar auf der Siegerstraße. Für Leibenath war das „ein Hallo-Wach-Effekt“, er nahm nach McGhees Dunk direkt eine Auszeit. Sein Team schaltete nun in den Playoff-Modus. Der schlafende Riese war vom guten Start der Tigers in die zweite Hälfte erweckt worden und zauberte einen 17:0-Run aufs Parkett. „Dann war das Spiel entschieden“, sagte McCoy. Ex-Tiger Augustine Rubit legte noch einen Buzzer-Beater fast von der Mittellinie obendrauf. Ulm gelangen 26 Punkte in nicht einmal ganz sieben Minuten. „Wir haben mit dem Tempo gespielt, das wir das ganze Spiel zeigen wollten“, sagte Leibenath.

Doch selbst das 47:62 zu Beginn des Schlussviertels zwang die Tigers nicht zur Aufgabe. Mauricio Marins Dreier vollendete einen erneuten 10:0-Run der Tübinger. Leibenath reagierte direkt wieder mit einer Auszeit. Und mit Personalwechseln: Immer wenn es eng wurde, gingen die jungen Spieler vom Feld und Ulm schickte sein Vorzeigepersonal. Wie den designierten Liga-MVP Raymar Morgan, der acht seiner 15 Punkte im Schlussviertel machte. „Ulm hat es geschafft, uns zu überpowern“, sagte McCoy. Generell entschied das Duo Morgan und Rubit das Spiel, auch weil sie Ulm bei den Rebounds (32:22) einen klaren Vorteil brachten. Aber: „Die Wurfquoten zeigen, dass es ein enges Spiel war“, relativierte Leibenath das deutliche Resultat.

Und wie in jedem guten Spielfilm gab’s auch einen Helden: Per Günther, der dank Hälfte zwei sein bestes Spiel seit Januar machte. Ausgerechnet gegen seinen Lieblingsgegner aus Tübingen.

Philmore gefeiert

Noch lange nach dem Spiel stand Isaiah Philmore bei den Ulmer Fans und schenkte ihnen auch sein Shooting-Shirt. „Es ist immer wunderbar hier zu spielen“, sagte der Tübinger Forward, der in Ulm seine Profikarriere begann. Gut möglich, dass er sie in Oldenburg fortsetzen wird. Diese Gerüchte halten sich, Philmore wollte das weder bestätigen noch dementieren: „Ich weiß noch nicht, wo ich spielen werde“, sagte er – und schmunzelte. Gestern blieb er in Ulm und zog mit den alten Kollegen durch die Stadt.