Die schöne Lau und der Löwenmensch

SWR startet im September eine Dokureihe über die Sagenwelt im Südwesten

Die erste von vier Folgen aus der Dokumentationsreihe „Sagenhafter Südwesten“ war schon im Theater Lindenhof in Melchingen zu sehen. Im Film führt der Geschichtensammler und Lindenhof-Schauspieler Uwe Zellmer durch die Legendenwelt der Schwäbischen Alb. Das Preview-Publikum, das hauptsächlich aus den Mitwirkenden der nachgespielten Actionszenen bestand, war hingerissen.

01.09.2016

Von Susanne Mutschler

Lindenhof-Schauspieler Uwe Zellmer führt durch die Sendung und verknüpft die verschiedenen Geschichten miteinander.

Lindenhof-Schauspieler Uwe Zellmer führt durch die Sendung und verknüpft die verschiedenen Geschichten miteinander.

Melchingen. Spektakulär für jeden Schwaben sind die Landschaftsaufnahmen aus der Vogelperspektive. Wie auf einem Gemälde stapeln sich die von Nebel umwallten Albberge hintereinander. Burgen wie der Lichtenstein, in dem – frei nach Wilhelm Hauff – einst ein gemeiner Menschenschinder hauste, ragen jäh empor.

Die Laubwälder hallen wider von Kampfgetümmel und Schwerterklirren, wenn sich die authentisch nachgestellten Römer, Kelten und Germanen auf die Köpfe hauen. Der Steinzeitjunge Rulaman und andere Urzeitschwaben hocken in der Stadel-Höhle im Lonetal und schnitzen an der bis heute nicht endgültig gedeuteten Löwenmenschfigur.

Auf dem Grund des blitzblauen Blautopfs, „einem winzigen Rest des Jurameers“, lebt eine verwunschene Wasserfrau. Höhlentaucher Rainer Straub steuert faszinierende Aufnahmen von den mindestens zehn Kilometer langen unterirdischen Tropfsteingewölben bei, in denen die von Eduard Mörike erfundene „Schöne Lau“ nichts zu lachen hatte.

Geschichten zwischen Wahrheit und Legende

„Mir spukte die Idee schon lange im Kopf herum“, erklärt SWR-Redakteur Norbert Bareis, wie er darauf kam, sich der Historie Baden-Württembergs über ihre Sagen und Mythen zu nähern. Als „überzeugter Baden-Württemberger“ kann er sich ohnehin „nichts Spannenderes vorstellen, als für das Regionalfernsehen zu arbeiten“. Bei Stefanie Schneider, der Direktorin des Landessenders in Stuttgart, rannte er mit seinem Anliegen offene Türen ein. Die fantastische Landschaft mit ihren vielen Legenden präge die Geschichte und das Weltverständnis der Menschen, sagt sie.

Lindenhof-Schauspieler Uwe Zellmer ist das erzählende Bindeglied zwischen den sieben sagenhaften Schauplätzen. „Von der Steinzeit bis heute. Geschichten zwischen Wahrheit und Legende“ heißt der Untertitel der Dokumentation. Der Melchinger Geschichtensammler sei eng mit den Sagen und Mythen seiner Heimat verbunden, weiß Bareis.

Trotzdem sollen Zellmers Texte nicht in erster Linie erklären, sondern die Wirkung der Bilder verknüpfen. Eine filmische Nacherzählung „muss historisch stimmen, aber auch emotional unterhaltsam sein“, findet der Redakteur. Für die so genannten „Reenactment Szenen“ in den Steinzeit-Höhlen engagierte er den Ulmer Experimentalarchäologen Rudolf Walter, der sein ganzes Eiszeit-Equipment mitbrachte. Am Limes und auf dem kahlen Bergplateau des Ipf setzte er die Römer- und Keltengruppen aus Aalen, Bopfingen und Lorch an, die sich ehrenamtlich beinahe echte blutige Kämpfe lieferten.

Aber auch die Anbindung an die Aktualität war Bareis wichtig. Graf Wilhelm Albert von Württemberg, der gegenwärtige Schlossherr des Lichtenstein, erzählt vor der märchenhaften Kulisse der Burg von seinem Vorvater, dem verhassten Herzog Ulrich. Kurt Wehrberger vom Ulmer Museum berichtet von der Ausgrabungsgeschichte des Löwenmenschen. Erst 2010 wurden die letzten Splitter der Figur gefunden und eingepasst.

Vom Ipf und aus der

Schillerhöhle

Dirk Krause vom Landesamt für Denkmalpflege informiert über eine verschwundene keltische Monumentalanlage auf dem Ipf. Bei Erhard Weinland, dem Urenkel von David Friedrich Weinland, der 1876 den Bestseller-Roman „Rulaman“ schrieb, löst die Schiller-Höhle bei Wittlingen noch immer ein leichtes steinzeitliches Schaudern aus.

Lindenhof-Schauspieler Uwe Zellmer führt durch die Sendung und verknüpft die verschiedenen Geschichten miteinander.

Lindenhof-Schauspieler Uwe Zellmer führt durch die Sendung und verknüpft die verschiedenen Geschichten miteinander.

SWR startet im September eine Dokureihe über die Sagenwelt im Südwesten
SWR startet im September eine Dokureihe über die Sagenwelt im Südwesten
SWR startet im September eine Dokureihe über die Sagenwelt im Südwesten

Der „Sagenhafte Südwesten“ hat vier Teile

Die Dokumentation über die „Schwäbische Alb“ wird am 2. September um 21 Uhr im SWR ausgestrahlt. Im Wochenabstand folgen drei weitere Beiträge über den Schwarzwald, Oberschwaben und Hohenlohe. Der Geschichtenerzähler im Schwarzwald ist der Schauspieler und Kabarettist Martin Wangler. Für Oberschwaben spricht Bernhard Bitterwolf, Dozent an der Bauernschule Oberschwaben, und in Hohenlohe ist es der Peter Botsch, Mitglied der Mundart-Band „Annawech“ (hochdeutsch: trotzdem). Die Dreharbeiten für die gesamte Doku-Reihe dauerten 50 Tage. Rund 200 Laienschauspieler waren an den nachgestellten Szenen beteiligt. An der Kamera standen Kumaran Herold und Roman Hauska. Das Drehbuch schrieb Ulrike Stegmann. Produzent war Bernhard Stegmann. Regie führte Jo Müller, der schon überall auf der Welt Filme gedreht hat. Für ihn sei die Zusammenarbeit mit Redakteur Norbert Bareis jedes Mal eine Lektion in „Heimatkunde“. Er habe gelernt, dass man „nicht weit reisen muss, um fantastische Bilder von Landschaften zu bekommen“.

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Erstellt:
01.09.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 01.09.2016, 01:00 Uhr

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