Rückkehr nach Montauk

Rückkehr nach Montauk

Inspiriert von Max Frisch, lässt Regisseur Volker Schlöndorff einen alternden Schriftsteller über die Versäumnisse seines Lebens reflektieren.

15.03.2017

Von Dorothee Hermann

Rückkehr nach Montauk

Die erste Liebe ist für die Generation 50plus schon ein Weilchen her. Deshalb wählt Regisseur Volker Schlöndorff („Die Blechtrommel“) einen Kunstgriff, um das Prickeln von einst, angereichert mit der Bitterkeit zerstörerischer Enttäuschungen, noch einmal anzufachen.

Der 78-jährige Filmemacher scheint dem Schriftsteller Max Zorn (Stellan Skarsgård) eine zweite Chance zu gewähren. Der erfolgreiche Berliner Autor trifft bei einer Lesereise in New York seine große Liebe (eindrucksvoll: Nina Hoss als Rebecca) wieder, die er fast 20 Jahre zuvor aus den Augen verloren hatte.

Der Film ist eine sehr freie Adaption von Max Frischs autobiografischer Erzählung „Montauk“. Beim Drehbuch hat der irische Schriftsteller Colm Tóibín („Brooklyn“) mitgeholfen.

Rebecca ist nun eine hypererfolgreiche Anwältin, die offenbar keine Lust hat, sich noch einmal mit dem einerseits kantigen, andererseits emotional unterbelichteten Verflossenen zu befassen.

Max hingegen ist nicht der Typ, der jemals allein leben würde, und aktuell mit der patenten Clara (Susanne Wolff) liiert, die er für die ganz große Romanze aber sofort verlassen würde.

Aber vielleicht ist das alles auch nur ein Gedankenspiel, denn das Bekenntnishafte, mit dem der Film einsetzt, ist eine geschickte Täuschung: In einem extremen Querformat sitzt Max dem Zuschauer frontal gegenüber und scheint ihn in eine Art Lebensbeichte einzubeziehen. Doch die scheinbare Intimität stellt sich wenig später als Nahaufnahme von einer öffentlichen Lesung heraus, bei der Max seinen Roman „Jäger und Gejagte“ vorstellt. Dessen Protagonist trägt den altmodischen Namen „Heinrich“ wie der Diener im Märchen vom Froschkönig, dem am Ende die eisernen Reifen vom Herzen springen – viel Pathos für einen Verzauberten der Gegenwart, der die Panzerung der Jahre aufbrechen möchte.

Ein bisschen mutet der Film an wie eine Rückkehr zum Autorenfilm der 1970er Jahre (Menschen auf der Suche nach sich selbst). Nur hätte sich damals keiner in bulligen Geländewagen ablichten lassen. Und zwar nicht deshalb, weil auch in den geschilderten Kreisen einfach weniger Geld da war. Wieso das Product Placement (Fluglinie, Automarke) unbedingt sein musste, erschließt sich erst recht nicht.

Alternder deutscher Feingeist mit Hang zu Affären vermasselt Schicksalsbegegnung in New York.

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Erstellt:
15.03.2017, 10:10 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 15.03.2017, 10:10 Uhr

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