Brot und Spiele in der Festhalle: 600 Narren kamen zur 10. Höfischen

Rottenburgs Gräfin Mechthild lud am Rosenmontag zur römischen Fasnet ein

Die zehnte Höfische Fasnet war zugleich die letzte in dieser Form. Doch bevor drei Hofnarren diese Nachricht verkündeten, feierte das Volk noch einmal ausgelassen in römischen Gewändern am Rosenmontag in der Festhalle. Rund 600 Narren waren gekommen.

10.02.2016

Von Dunja Bernhard

Ungeschoren kommen die Bürgermeister bei keiner Fasnetsveranstaltung davon. Bei der Höfische Fasnet mussten sie auf einer menschlichen Jukebox spielen. Die Gäste im Saal unterhielt dieses Spektakel bestens. Bilder: Bernhard

Ungeschoren kommen die Bürgermeister bei keiner Fasnetsveranstaltung davon. Bei der Höfische Fasnet mussten sie auf einer menschlichen Jukebox spielen. Die Gäste im Saal unterhielt dieses Spektakel bestens. Bilder: Bernhard

Eine römische Magd und ein stattlicher Wikinger kontrollierten den Zugang zur Festhalle. Römische Besatzung ist seit René Goscinny und Albert Uderzo in vielen Köpfen untrennbar mit einen widerständischen, gallischen Dorf verbunden. Und so sprangen auf Mechthilds römischer Fasnet neben römischen Bürgern in weißen Tuniken und vereinzelten Feldherren auch Duplikate von Asterix und Obelix herum.

Zu Spielen gehörte im Alten Rom das Brot. Zum ersten Mal gab es bei der Höfischen Fasnet für die Sitzplätze auf Bierbänken Platzkarten. An den Tischen ließ es sich kaiserlich tafeln. Die bessere Sicht genoss das niedere Volk auf der Empore. Nicht immer hat der, der später kommt, das Nachsehen.

Dem Einzug der Narrenzunft schritt dieses Mal eine Palastwache voran. In ihrer Mitte Arthur Knobelspieß als Caesar, Clemens Fuchs als blonde Cleopatra und Thomas Walliser als römischer Zwitter. Sie sinnierten darüber, welchen Einfluss Rom noch heute auf die (schwäbische) Sprache hat: Da gibt es die CD-Rom, die Prominenz, „‘R Ommzug“ und „unten rom“. Bei aller historischen Gesinnung geht eines bei der schwäbischen Fasnet immer: Schunkeln. Und so schunkelte das römische Volk erst einmal ausgiebig zu Gassenhauern des Musikvereins Dettingen.

Für die Spiele ließen sich die Laufgruppen der Narrenzunft einiges einfallen. Die Bogges hatten „aus den tiefsten Kellern Sumelocennas“ ein fast vergessenes Musikgerät hervorgekramt: eine Hand betriebene Jukebox. Als Tasten dienten blonden Köpfe. Die Mitspieler wurden aus einer Losbox gezogen, so gaukelte es zumindest Walliser vor. Welch Losglück, dass es die drei (Ober-)Bürgermeister traf. Die Bedienung der Jukebox hatte natürlich einen Haken. Jeder Kopf stand für einen Teil des Liedtexts. Diesen galt es in die richtige Reihenfolge zu bringen. Erst dann erklangen die Schlager. Baubürgermeister Thomas Weigel stellte OB Stephan Neher und Ersten Bürgermeister Volker Derbogen klar in den Schatten.

Die Fasnetsgruppe Locus Romanus brachte eine Latrine mit. Auf ihr sinnierten Walliser, Knobelspieß und Fuchs mit nackten Gesäßprothesen über die Nachfolge von Zunftmeister Michael Rehbein. „Wenn euch eine Alternative einfällt, dann drückt‘s raus“, sagte Knobelspieß. Alfred Schimpf wurde vorgeschlagen und mit Applaus bedacht. „Ach, nein. Der ist zu groß.“ Er passe nicht in den Narrenmantel. Da gebe es doch noch Ex-Schulmeister Gunther Diehl. Der habe Zeit, wenn er nicht gerade sein Auto wasche. Vereinzelte Buhrufe. Reifenhändler Schiebel fiel den dreien noch ein. „Dann gibt‘s Schlagerstars in der Festhalle.“ Gelächter. Sie könnten den Zunftmeisterposten für den OB Neher freihalten. „Der braucht vielleicht ein Pöschtle, wenn er im März nicht wieder gewählt wird.“

Als Römerladys Concordia und Aurora nahmen sich Claudia Matzke und Gabi Johner die Lokalpolitik vor. Concordia fächelte sich mit einem Tannenzweig Luft zu. Der Rest von ihrem Christbaum, erklärte sie. Aber dieses Wort dürfe man ja bald nicht mehr sagen. „Wie Negerle vom Weggental.“ Baum sei nicht gleich Baum. Der SÜDWEST-Papyrus habe voriges Jahr ausführlich über den Umgang mit einigen Exemplaren berichtet Vom „Rottenburger Schnitt“ sei die Rede gewesen. Aus „Alea iacta est“ (der Würfel ist gefallen) wurde da schnell ein „Arbores iacti sunt“ (die Bäume sind gefallen).

Ein anderes Corpus delicti sei die Bahnhofuhr, plauderten die Zwei weiter. Im Sommer wurde sie abgehängt, im Herbst gesucht und im Advent wieder aufgehängt. Oberconstructus Weigel habe gesagt: „Wenn wir was in die Hand nehmen, geht es schnell.“ Für Beamten sei das wahrlich schnell.

Rottenburger Stadthexen tanzten als dem Asterix-Comic entsprungene Wikinger um Miraculix‘ Kessel. Wie für Hexen üblich: Je wilder desto besser. Applaus bekamen sie reichlich wie auch die Ahlandgruppe für ihr Schwarzlicht-Ballett. Elegant tanzten neonfarbene Strauße über die Bühne. Die Akteure hinter den Handpuppen blieben im Dunkeln.

Mit einer Modenschau, die an zehn Jahre Höfische Fasnet erinnerte, präsentierte Andrea Lippert Flower Power, Orientalische Gewänder, Carneval Venezia und einen Zirkusdirektor. Noch ahnten die Zuschauer nicht, dass die märchenhafte Rosenmontags-Szenerie mit dieser Vorstellung ein Ende finden könnte.

Web-Artikel ‚Höfische Fasnet Finale‘

...als Organisatoren kehren sie der Höfischen Fasnet den Rücken zu. Zuvor suchten sie auf dem Locus einen Zunftmeister.

...als Organisatoren kehren sie der Höfischen Fasnet den Rücken zu. Zuvor suchten sie auf dem Locus einen Zunftmeister.

Keine Narretei: Ihre Botschaft meinten Thomas Walliser, Clemens Fuchs und Arthur Knobelspieß durchaus ernst ...

Keine Narretei: Ihre Botschaft meinten Thomas Walliser, Clemens Fuchs und Arthur Knobelspieß durchaus ernst ...

Rottenburgs Gräfin Mechthild lud am Rosenmontag zur römischen Fasnet ein

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Erstellt:
10.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
zuletzt aktualisiert: 10.02.2016, 01:00 Uhr

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