An der Kirchenmusikhochschule regt sich Protest

Ringen um die Chor-Professur

Im Schwabenhaus gibt‘s mit der Wiedereröffnung einiges zu feiern. Dumm nur, dass jetzt eine wichtige Personal-Stelle gefährdet ist.

16.05.2017

Von Wilhelm Triebold

Schönheit am Neckarufer: das Schwabenhaus, seit bald zwei Jahrzehnten das Domizil der Tübinger Kirchenmusikhochschule. Bild: Metz

Schönheit am Neckarufer: das Schwabenhaus, seit bald zwei Jahrzehnten das Domizil der Tübinger Kirchenmusikhochschule. Bild: Metz

Johanna Irmscher ist in Tübingen eine Institution. Die Kirchenmusikerin hat zahlreichen Studierenden über mittlerweile 29 Jahre das Chordirigieren beigebracht und hat sie im Umgang mit Orchestern und mit Partituren geschult. Eine versierte Chorleiterin, nicht so leicht zu ersetzen, wenn sie nun im Sommer in Pension geht.

Aber wird sie überhaupt ersetzt? Die Landessynode will Irmschers Tübinger Professorenstelle ersatzlos streichen. An der Hochschule regt sich Protest, nicht nur die Studierenden haben bereits dagegen protestiert. Ein Verlust „wie wenn man bei den Theologen die Professur fürs Neue Testament streicht“, findet Christian Fischer, der Rektor der Tübinger Kirchenmusikhochschule. Noch wird um die Stelle gerungen, es geht, so Fischer kämpferisch, „über mehrere Runden.“

Das ist bislang der einzige Misston, der aus der zwar kleinen, aber äußerst rührigen Kirchenmusikhochschule nach außen dringt. Vor fünf Jahren stand sie einmal auf der Kippe, als die Kirchenoberen sie den Heidelbergern Kollegen einverleiben wollten. Mit dem Renovierungsbeschluss kam die Zuversicht, dass es zwischen Neckar und Gartenstraße weitergehen mochte.

Und tatsächlich: „Wir sind wieder sehr gut ausgelastet“, freut sich Fischer. Die Kirchenmusik, die vorher überall rückläufig war, wird als Berufsziel wiederentdeckt – auch weil angesichts einer anrollenden Verrentungswelle recht gute Anstellungschancen bestehen: „Nicht alle Stellen können überhaupt besetzt werden“, glaubt Fischer. Umgekehrt sind die Tübinger Studienplätze so begehrt, dass Studenten auch abgewiesen werden müssen.

Denn nur 22 Plätze sind es, vier davon zielen auf den (in Tübingen besonders populären) Bereich der Popularmusik. Anders als das Land es vorsieht, denkt man bei der evangelischen Kirche keineswegs an Studiengebühren. Wobei die kirchenmusikalische Ausbildung mit 30 000 Euro pro Kopf zu den teuersten gehört. Genau genommen ist es, so Fischer, „die zweitteuerste nach den Medizinern – die haben die Apparate, wir haben den Einzelunterricht.“

Die Tübinger Kirchenmusikhochschule hat sich jetzt eine „Agenda 2030“ gegeben. Damit wird der strukturelle Bedarf für die nächsten Jahre bestimmt. Neben dem Erhalt der Irmscher-Stelle, die zumindest fürs nächste Studienjahr unter drei Lehr-Vertretern aufgeteilt wird, steht unter anderem eine ausreichende Betreuung der stattlichen Hochschulbibliothek (rund 70 000 Titel) auf der Wunschliste.

Manches ist auch schon da oder zumindest auf einem guten Weg. Im 2. Obergeschoss gibt es jetzt ein Tonstudio, und demnächst wird für den Saal ein norddeutscher Barockorgel-Nachbau geordert.

1,5 Millionen Euro hat der Umbau im Schwabenhaus gekostet. 1,3 Millionen trägt die Stadt. Und holt sich das in den nächsten zehn Jahren dank einer entsprechend fast verdreifachten Miete wieder rein.

Von der Luther-Suite bis zum Festakt: das Programm

Nach anderthalb Jahren Umbau wird das modernisierte und schallschutzverstärkte Schwabenhaus als Sitz der Kirchenmusikhochschule am kommenden Wochenende wiedereröffnet. Vorgeschaltet sind am Donnerstag, 18. Mai um 19 Uhr in der Jakobuskirche ein Musikalisches Abendgebet zum Lutherjahr, gestaltet von der Fachgruppe für Popularmusik und der Tobias-Becker-Bigband, die eine eigens komponierte Luther-Suite uraufführt. Am Freitag, 19. Mai folgt um 20 Uhr im Schwabenhaus ein Alumni- und Dozenten-Konzert; am Samstag, 20. Mai von 12 bis 18 Uhr in der Kirchenmusikhochschule ein Tag der offenen Tür mit Hausführungen, Mini-Workshops und zwei Podiumskonzerten sowie am Sonntag, 21. Mai um 17 Uhr der Festakt und Empfang zur Wiedereröffnung mit OB und Landesbischof-Vertretung.

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Erstellt:
16.05.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 38sec
zuletzt aktualisiert: 16.05.2017, 01:00 Uhr

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