Garten- oder Lederstraße?

Regionalstadtbahn: Reutlingen prüft Alternativen für den Innenstadtverlauf

Noch ist nicht einmal das erste Modul der Regionalstadtbahn planfestgestellt. Doch der Reutlinger Gemeinderat plant längst schon für die Folge-Trassen.

01.07.2016

Von Matthias Reichert

Eine Regionalbahn in Betzingen – künftig soll im Stadtteil die „Gomaringer Spange“ abzweigen. Archivbild: de Marco

Eine Regionalbahn in Betzingen – künftig soll im Stadtteil die „Gomaringer Spange“ abzweigen. Archivbild: de Marco

Reutlingen. Bis Dezember soll der letzte Teil des ersten Stadtbahnmoduls vom Tübinger Regierungspräsidium planfestgestellt sein. Im Oktober wollen die Projektpartner den Förderantrag nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) bei Bund und Land stellen. Im Juli 2017 ist der Baubeginn für Elektrifizierung und Ausbau der Erms- und Ammertalbahn avisiert, im November 2019 könnte Modul eins in Betrieb gehen. Dieser Zeitplan wurde gestern im Gemeinderat genannt. Demnach hat die Stadt Reutlingen bisher 460 000 Euro für die Planung ausgegeben, weitere 330 000 Euro sollen folgen – und 685 000 Euro Baukostenanteil fürs erste Modul.

Währenddessen plant Reutlingen schon den weiteren Verlauf. Bisher bevorzugten die städtischen Planer für die Innenstadt-Trasse die Gartenstraße. Wie berichtet, hat diese aber einen gravierenden Nachteil: Weil die Schienen mitten auf der Straße liegen und somit keinen separaten Bahnkörper darstellen würden, wäre die Trasse nicht förderfähig nach dem GVFG. Deshalb will die Stadtverwaltung nun als Alternative die Lederstraße prüfen lassen: Dort könnte ein separater Bahnkörper seitlich der Straße entstehen.

Hunderte Bäume in der Lederstraße bedroht

Die Stadt schlug nun dem Gemeinderat vor, auch für die Lederstraße eine Standardisierte Bewertung durchzuführen, die den Kosten dem volkswirtschaftlichen Nutzen gegenüberstellt. Das war für Holger Bergmann (Grüne) der einzige „Klops“ der umfangreichen Drucksache. Zum einen sei die Erschließung für Anwohner und Gewerbetreibende in der Gartenstraße viel besser. Und außerdem müssten in der Lederstraße hunderte Bäume für die Stadtbahn abgeholzt werden. Einer solchen Trasse würden die Grünen nicht zustimmen, so Bergmann: „Lieber keine Stadtbahn als in der Lederstraße.“ Ihn störte vor allem, dass für die Lederstraße gleich die Standardisierte Bewertung erstellt werden sollte – eine solche gebe man nur in Auftrag, wenn man die Trasse auch bauen wolle. Somit würden hier die Weichen falsch gestellt.

Die Ratsmehrheit sah das aber anders, nur neun Rätinnen und Räte der Grünen und Linken stimmten gegen den Prüfauftrag in Sachen Lederstraße. „Das ist eine Grundlagenermittlung“, so Rainer Löffler (CDU). Die sei für jeden Rat notwendig, um am Ende sachgerecht entscheiden zu können. Hagen Kluck (FDP) ätzte: „Ich finde es erstaunlich, dass sich die Grünen schon wieder von der Regionalstadtbahn verabschieden.“

Die übrigen Punkte wurden einstimmig beschlossen. Demnach

leitet die Verwaltung für die Innenstadt-Strecke vom Hauptbahnhof bis zur Pfullinger Stadtgrenze ein Bebauungsplanverfahren ein.

In die Vorplanung für die „Gomaringer Spange“ sollen Reutlinger Stadtverkehr und Fair-Energie/Fair-Netz als potenzielle Betreiber der Bahnlinie einbezogen werden.

Diese „Spange“ über Ohmenhausen nach Gomaringen sollte bisher auf der Strecke des alten Gönninger Bähnles geführt werden. Hier sind sämtliche Grundstücke im städtischen Besitz, teils liegen sogar die Gleise noch. Doch zugleich wird nun als Alternative ein Trassenverlauf entlang der Landstraße 384 vom Industriegebiet Reutlingen-West nach Ohmenhausen geprüft. Das würde laut Stefan Dvorak, dem Leiter des Stadtplanungsamtes, eine Schleife vermeiden, die das alte Gönninger Bähnle dort früher gemacht hat. Zudem könnte so auch das Gewerbegebiet Auchtertstraße an die Stadtbahn angebunden werden.

Gemeinsam mit den Projektpartnern unter Federführung des Landkreises Reutlingen soll die Stadtverwaltung eine geeignete Geschäftsform für die Stadtbahn-Planung finden – die Grünen fordern schon lange eine Projektgenossenschaft.

Die Stadtverwaltung verlängert ihre Projektleiterstelle für die Stadtbahn weitere 5 Jahre bis Ende 2021.

Reutlingen fordert Nachbesserungen bei Planfeststellung

In einem weiteren Tagesordnungspunkt ging es im Gemeinderat um die Gestaltung der beiden im ersten Stadtbahn-Modul geplanten neuen Reutlinger Haltepunkte Bösmannsäcker und Storlach (wobei letzterer Name missverständlich ist: Der Halt kommt an die Roanner Straße, das Wohngebiet Storlach liegt ein Stück entfernt). Die Stadt fordert, Alternativen zu prüfen, um die Anbindung an die neuen Halte zu verbessern und diese barrierefrei zu machen. Bei den Bösmannsäckern wird eine direkte Querung der Gleise verlangt. Die Stadt hat ihre Stellungnahmen fristgerecht ans Regierungspräsidium geschickt, das diese nun im Planfeststellungsverfahren berücksichtigen muss. Die nachträgliche Zustimmung im Gemeinderat fiel gestern einstimmig.

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Erstellt:
01.07.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 01.07.2016, 01:00 Uhr

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