Zehn Pläne auf einen Streich

Planungsausschuss empfiehlt Standorte für Flüchtlingsunterkünfte

Für zehn Bebauungspläne auf einmal hat der Planungsausschuss des Gemeinderats am Montag grünes Licht gegeben. Zwar gab es auch Bedenken gegen einzelne Vorhaben, doch die stellten die Stadträte alle zurück. Denn das Ziel dieser Pläne (hier gibt es eine Übersicht) ist allen wichtiger: Möglichst schnell Wohnraum für die Flüchtlinge zu schaffen, die in diesem und dem nächsten Jahr von der Stadt untergebracht werden müssen.

26.01.2016

Von Sabine Lohr

Der Horemer – die Wiese gegenüber des Technologieparks auf der Wanne – ist einer der Standorte, auf der Häuser für Flüchtlinge gebaut werden sollen. Und zwar am linken Rand der dreieckigen Wiese. Archivbild: Grohe

Der Horemer – die Wiese gegenüber des Technologieparks auf der Wanne – ist einer der Standorte, auf der Häuser für Flüchtlinge gebaut werden sollen. Und zwar am linken Rand der dreieckigen Wiese. Archivbild: Grohe

Tübingen. „Das ist ein historischer Tag – wir haben noch nie zehn Bebauungspläne auf einmal empfohlen“, sagte Annette Schmidt (AL/Grüne), noch bevor der Planungsausschuss darüber abstimmte. Am Ende tat er das dann – zur Überraschung und Freude von Baubürgermeister Cord Soehlke – einstimmig.

Der Rundumbeschluss zeigt, wie eilig es die Verwaltung hat. Nach und nach nämlich werden Flüchtlinge, die jetzt noch in der Erstunterbringung des Landkreises leben, anerkannt oder zumindest geduldet. Sechs Wochen Zeit hat dann jeder von ihnen, sich selbst nach einer Wohnung umzuschauen. Manchmal, so Soehlke, gelinge ihnen das Dank der Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer. Doch viele finden eben auch nichts.

Für diese muss die Stadt eine Unterkunft zur Verfügung stellen. Der Landkreis, der die Flüchtlinge nach einer Quotenregelung auf die Kommunen verteilt, rechnet damit, dass es sich in diesem Jahr um rund 400 Menschen handelt, die Tübingen unterbringen muss. Die Stadtverwaltung setzt dagegen für 2016 die doppelte Zahl an und rechnet damit, dass im nächsten Jahr gar 1200 Flüchtlinge eine Wohnung brauchen.

Statt für alle zusammen riesige Gebäude in den Außenbereichen zu bauen (was für diesen Zweck neuerdings erlaubt ist), entschieden sich Verwaltung und Gemeinderat, die Flüchtlinge dezentral an mehreren Standorten in der Stadt zu verteilen (wir berichteten). Und zwar möglichst in Gebäude, die stehenbleiben und später auch von Studenten oder anderen Wohnungssuchenden genutzt werden können.

30 solcher Standorte fand die Bauverwaltung. Bei einigen davon handelt es sich um Privathäuser, die angemietet werden. Die restlichen 20 Orte sind leere Flächen, die bebaut werden sollen. Bei der Hälfte davon gibt es einen Bebauungsplan, für die andere Hälfte empfiehlt der Planungsausschuss nun die Aufstellung eines ebensolchen. Es sind in der Regel sehr kleine Bebauungspläne, die nicht, wie sonst üblich, ein ganzes Viertel umfassen, sondern nur das Stück Gelände, auf dem ein Haus gebaut werden soll.

Wer baut, ist für fünf Standorte bereits klar: Da sind die beiden Wohnungsbaugesellschaften GWG und GWS im Boot, das Studentenwerk und die Postbau. Für die anderen fünf Standorte schlug Soehlke ein Verfahren vor, das der Vergabe an Baugruppen ähnelt. Investoren sollen Konzepte für die Bebauung vorschlagen, die im Juni von einer Optionskommission geprüft werden. Die besten Konzepte bekommen den Zuschlag. Bis April, so Soehlke, stünden alle für die Investoren nötigen Informationen zur Verfügung.

Annette Schmidt sah das Plan-Paket und die Eile auch als Zeichen dafür, „welche Veränderungen auf die Stadt zukommen – durch die Gebäude und durch die Menschen, die darin leben werden. Sie glaube, die Stadt brauche noch mehr Standorte, weil sich die internationalen Probleme so schnell nicht lösen ließen. Sandra Ebinger (CDU) kritisierte Palmers Ankündigung, Eigentümer leerstehender Häuser mit einem Bußgeld wegen Zweckentfremdung zu belegen. Martin Sökler (SPD) lobte die Strategie, die Standorte zu verteilen. Das habe auch Vorteile, was die Belegung von Kindertagesstätten und Schulen angehe und für die Integration der Flüchtlinge. Eine Zweckentfremdungssatzung hält er für richtig. Man müsse die Hauseigentümer an den Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ erinnern – „und das nicht unbedingt sehr freundlich“.

Ernst Gumrich (Tübinger Liste) sah das anders und plädierte dafür, Hauseigentümer „im Stillen an die Hand zu nehmen“. In dem Plan-Paket sieht er eine „historische Notwendigkeit“. Gerlinde Strasdeit (Linke) sagte, ihre Fraktion stehe, was die Zweckentfremdungssatzung angehe, hinter der Verwaltung. Die Linke fordere seit Jahren günstiges Wohnen. Und Dietmar Schöning (FDP) sagte zu Soehlke und Stadtplanerin Barbara Landwehr: „Wir haben Sie früher schon gelobt, das gilt auch weiterhin.“ Vor allem findet er es gut, dass in diesem Jahr noch fünf Gebäude realisiert werden.

Info-Abende für Mitte, Süd und Nord

Für die Bevölkerung bietet die Verwaltung drei Infoveranstaltungen zu den Standorten an. Am Freitag, 29. Januar, ist die erste in der Mensa Uhlandstraße. Dort geht es um die Standorte in der Stadtmitte und in der Weststadt. Beginn ist um 19 Uhr.

Über die Standorte in der Südstadt und in Derendingen geht es am Mittwoch, 3. Februar, im Gemeindehaus Eberhardskirche, Eugenstraße 54. Beginn ist ebenfalls um 19 Uhr.

Beim dritten Info-Abend werden die Standorte in der Nordstadt und in Lustnau vorgestellt. Sie ist im Hörsaal der Geschwister-Scholl-Schule, Berliner Ring 33. Beginn 19 Uhr.

An allen Abenden geht es auch um die Integration in Kindergärten und Schulen sowie um das ehrenamtliche Engagement vor Ort.

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Erstellt:
26.01.2016, 19:45 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 26.01.2016, 19:45 Uhr

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