Nordische Ski-WM

Nicht immer Glanz und Gloria

Sechsmal war Lahti bislang Ausrichter. Das Jahr 2001 markierte den Beginn einer deutschen Erfolgsära – und brachte den Anti-Dopingkampf voran.

22.02.2017

Von DPA/SID

Lahti. In Finnland, so sagt man, ist das Leben kompliziert genug. Und deshalb sucht man im Simplen Halt. Zwei Jahreszeiten nur gibt es in Lahti, die des Schwimmers und die des Skispringers. Wenn der Sommer geht, verschwindet das große Becken am Fuße der Salpausselkä-Schanze erst unter massiven Bohlen, dann unter Schnee und dient den Springern als Auslauf. Die Jahreszeit der Skispringer hat begonnen! In Lahti fallen von morgen bis zum 5. März 21 Entscheidungen. Das ZDF und die ARD (ab 27. Februar) sowie Eurosport übertragen die Wettkämpfe.

Zum siebten Mal gastiert die WM in Lahti. Am prägendsten war die Heim-WM für die Finnen im Jahr 2001. Denn sie wurde zur ruinösen Katastrophe. Für die deutschen Asse hingegen bedeutete die WM der Aufbruch in eine goldene Epoche. Der Dopingskandal um das finnische Langlauf-Team legte vor 16 Jahren einen dunklen Schatten über Lahti und veränderte den nordischen Skisport: Gleich sechs Loipen-Stars wurden damals des Blutdopings überführt, es folgten Sperren, Rücktritte und Sanktionen. „Es war ein extrem reinigendes Gewitter, von dem der Langlauf praktisch bis heute profitiert hat“, sagt der ehemalige Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle.

Erstmals konnte die Anwendung des Blutplasma-Expanders HES nachgewiesen werden. Was folgte, waren nicht nur Disqualifikationen und die Aberkennung von drei Medaillen (einmal Gold, zweimal Silber), sondern auch der Absturz der finnischen Ski-Asse in die Bedeutungslosigkeit. Zumal zwei Jahre später mit Kaisa Varis eine weitere Spitzenläuferin des Dopings überführt wurde.

Ein Großsponsor zog seine Gelder zurück – dem Verband fehlten auf einen Schlag rund 300?000 Euro. Cheftrainer Kari-Pekka Kyrö wurde genauso suspendiert wie der im Zentrum des Skandals stehende Mannschaftsarzt Juha-Pekka Turpeinen und Frauen-Trainer Jarmo Riski. Das Beben wirkte lange nach, erst in den vergangenen Jahren machte eine junge, hungrige Truppe wieder auf sich aufmerksam. Vor allem im Damen-Bereich hofft man bei der Heim-WM nun wieder auf Medaillen.

Der Ski-Weltverband Fis zog Lehren aus dem Skandal und intensivierte den Anti-Doping-Kampf. Fortan wurde mehr denn je kontrolliert. Positive Fälle gab es nur noch vereinzelt. Erst in den vergangenen drei Jahren rückte der Langlauf wieder in ein unrühmliches Licht, nachdem die Dopingfälle der norwegischen Spitzenathleten Martin Johnsrud Sundby und Therese Johaug sowie der Skandal um manipulierte russische Proben bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi publik wurden.

Für den deutschen Skisport markierten die 43. Weltmeisterschaften dagegen den Beginn einer Erfolgsära. Acht Medaillen, davon drei goldene, bedeuteten nach Jahren der Stagnation Platz zwei in der Nationenwertung. Nachdem zuvor – wenn überhaupt – fast ausschließlich die Skispringer für deutschen WM-Medaillenglanz gesorgt hatten, gab es 2001 in allen Sparten Edelmetall. Auf der Großschanze holten Martin Schmitt und das Team Gold. Für eine faustdicke Überraschung sorgte Kombinierer Marko Baacke, der vor dem finnischen Top-Favoriten Sampa Lajunen den Wettbewerb von der Großschanze gewann.

Und auch in der Loipe ging es voran. Langläufer René Sommerfeldt holte sich im Windschatten des für Spanien laufenden Johann Mühlegg, der ein Jahr später bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City des Dopings überführt wurde, Silber über 50?km. Die 4x10-Kilometer-Staffel gewann Bronze. Für die deutschen Asse ist Lahti also durchaus ein gutes Pflaster – zur Jahreszeit der Skispringer! dpa/sid

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Erstellt:
22.02.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 22.02.2017, 06:00 Uhr

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