Tübingen

Neoliberale Plattheiten

Weiter geht die Debatte um die Tübinger Rede von Horst Köhler („Den Kapitalismus zähmen“, 6. Mai).

22.05.2017

Von Tobias Kröll

Sehr geehrter Herr Wagner,

vielen Dank für Ihre Anmerkungen! Ja, die Gestaltung der Wirtschaft ist schwieriger, als das Verkünden von Glückszielen. Daher imponieren mir auch Menschen, wie jene aus Chiapas, die lokal Alternativen zum Kapitalismus aufbauen und fragend vorangehen oder praktische Alternativen hier wie das Mietshäuser-Syndikat. Was Horst Köhler über Alternativen zum Elfenbeinturm-Paradigma mitbekommen hat, weiß ich nicht. Schon 1993 schrieb Horst Hanusch als Fazit zu einer ZEIT-Serie über VWL : „Am ehesten sind noch Reformansätze aus der evolutorischen und schumpeterianischen Ökonomik zu erwarten.“

Derweil verkündet der Verein für Socialpolitik für seine jüngste Ricardo-Konferenz neoliberale Plattheiten wie: „Vom Abbau von Handelsbarrieren profitieren alle Länder“. Selbst Joachim Starbatty gab in seiner Vorlesung zu, dass das Ricardo-Modell vollkommen weltfremd ist und dass die theoretischen Variablen so gewählt wurden, dass das gewünschte Ergebnis herauskommt. Zudem würde es schon 50% Verlierer geben, sobald man das einfache Modell von zwei auf vier Länder ausweitet! Die liberale Mainstream-Ökonomie gibt vor, „positive Wissenschaft“ zu sein, d.h. die „gegebene Welt“ darzustellen, wie sie ist. Dabei gibt sie mit „Quasi-Theorien“ alternativlose Vorgaben wie die Welt sein soll. Eine Beleidigung des gesunden Menschenverstands! (. . .)