Es wurde heiß unterm Häs

Narrensamen-Umzug und Kinderball in Rottenburg

Rund 5000 Zuschauer kamen zum rosenmontägliche Rottenburger Kinder-Umzug. Die Zunftgruppen zeigten ihren Narrensamen, gefolgt von einem Dutzend freier Laufgruppen und Kapellen. Nur in der Festhalle war‘s nicht so voll wie sonst.

27.02.2017

Von Michael Hahn

Sommer, Sonne, Fasnet: Was für ein Kontrast zum vergangenen Jahr! Beim Kinder-Umzug 2016 musste die hochwohlgeborene Gräfin Mechthild noch zu Fuß gehen, weil sie wegen einer Sturmwarnung ihr fürstliches Gefährt nicht benutzen durfte. Doch am Montag war es fast schon zu warm für eine zünftige Fasnet.

Die Leute zogen um so williger auf die Straße: in der Tübinger Straße und in der Königstraße säumten sie die Umzugsstrecke fast durchweg mehrreihig. Rund 5000 Zuschauer dürften in der Altstadt gewesen sein.

Am Rosenmontag bietet die Rottenburger Narrenzunft traditionell noch einmal alles auf, was nach dem feier-intensiven Wochenende noch laufen kann: Fanfarenzug, Hofstaat, Stadthexen, Pompele und Ahlande. Der montägliche Narrensamen-Umzug heißt so, weil besonders viele Kinder mitlaufen. Aber sowohl im Zug als auch im Publikum waren die Erwachsenen weiterhin in der Überzahl.

Los ging‘s Schlag halb zwei am Ankerzentrum, dann über die Obere Brücke zum Marktplatz und zum Eugen-Bolz-Platz. Vorneweg der Fanfarenzug, diesmal wieder dirigiert von Annerose Richter. Im vergangenen Jahr war sie probeweise mal bei den Ahlanden mitgelaufen. Ein heilsamer Selbstversuch unter der engen Maske. Nun lief Richter wieder fröhlich vorne drauß: „So bin ich näher bei den Leuten.“

Den Wagen von Gräfin Mechthild zogen zwei Ardennen-Kaltblüter aus Glems. Fuhrmann Hartmut Notheis kommt seit mehreren Jahren zum Rottenburger „Fasching“. „Das will nicht jeder machen“, sagte er über seine Kollegen. Denn der Trubel am Straßenrand sei zu viel für die meisten Gäule. Seine beiden Kaltblüter Hugo und Bubi zerren normalerweise Holzstämme aus dem Wald – auch aus dem Rammert.

Auf die offiziellen Zunft-Gruppen folgte etwa ein Dutzend freie Laufgruppen. Die meisten waren auch schon in den vergangenen Tagen auf der Gass‘ gewesen: Salamander-Lurchis und Schnee-Eulen, Lumpenkapellen und der tigerliche Remigius-Kindergarten, Räucherhexen und Glogga-Sträggele, freche Früchtchen und ein „ro-team“ im Stadtwerke-Look, aber sicherheitshalber mit Gasmasken.

Sogar eine Kiebinger Gruppe durfte mitlaufen, angeblich schon zum zweiten Mal: Die Strobeshald-Hexa, 25 Leute stark. Am heutigen Dienstag laufen sie natürlich in Kiebingen selbst. „Ein Heimspiel“, sagte Hexe Mulle.

Nach einer Dreiviertelstunde löste sich der Umzug am Eugen-Bolz-Platz auf. Die einen feierten in der Altstadt weiter, andere zogen hinauf zur Festhalle, zum traditionellen Kinderball. Dort lagerten viele auf den Treppenstufen im Freien – und drinnen war es nicht ganz so dicht gedrängt wie in den vergangenen (kalten) Jahren. Von den 350 Saitenwürstle, die die Bogges zugunsten des Kinderhauses beim Tübinger Uni-Klinikum verkauften, waren nach einer Stunde noch etliche übrig.

Am Programm drinnen in der Halle kann es nicht gelegen haben. Die drei Bogges „Frank“, „Wolle“, und „Neule“ führten gewohnt fetzig und humorvoll in die Rottenburger Fasnets-Gepflogenheiten ein. Wer kennt die Narrenrufe? „Und wenn die Sau nicht borstig ist?“ Eine etwa Achtjährige kannte die Fortsetzung: „Dann gibt sie keine Leberwurst!“ – hier für Karnevalsjecken ins Hochdeutsche transkribiert. Drumrum bot die Jugendgruppe wieder verschiedene Wurfbuden an.

Das anderthalbstündige Kinderball-Programm wirkt stets wie das reine kreative Chaos. In Wirklichkeit ist der Ablauf aber bis auf die Minute genau getaktet – und die Moderatoren hatten ihn auch wieder minutiös im Griff.

Neher vertrat Palmer

Beim Rathaussturm in Tübingen ließ sich der dortige Oberbürgermeister Boris Palmer vom Rottenburger OB Stephan Neher vertreten. Wir berichten auf der dritten (Tübinger) Lokalseite über die erfolgreiche „Entwicklungshilfe“.