Politische Aktivisten in der Pausa

Mössinger Kulturherbst mit Theater Lindenhof und Chor Semiseria Tübingen

Ein musikalisch-theatralisches Experiment wagt das Melchinger Theater Lindenhof in diesem Jahr: Zum zehnten Kulturherbst in der Mössinger Pausa wird „ein inszeniertes Konzert“ aufgeführt rund um den legendären Liedermacher und politischen Aktivisten Pete Seeger.

06.02.2016

Von Susanne Wiedmann

Eine große Chance für große Projekte: Die Bogenhalle der Mössinger Pausa. Im Jahr 2010 inszenierte das Lindenhof-Theater mit „Die Schutzsuchenden“ ein erstes großes Theaterstück in der ehemaligen Textilfabrik. Archivbild: Theater Lindenhof

Eine große Chance für große Projekte: Die Bogenhalle der Mössinger Pausa. Im Jahr 2010 inszenierte das Lindenhof-Theater mit „Die Schutzsuchenden“ ein erstes großes Theaterstück in der ehemaligen Textilfabrik. Archivbild: Theater Lindenhof

Mössingen. Es genügt nicht, die Pausa als Stadthalle zu nutzen. Oder als bloße Spielstätte, egal ob Kleinkunst, Konzert, ob Tanz oder Theater. „Das kann man so machen, aber das ist kein Brüller“, sagt Stefan Hallmayer. Der Lindenhof-Intendant lacht – trotz seiner selbstkritischen Anmerkung. „Ein bunter Kulturherbst ist okay, aber nicht berauschend.“ Nicht dass er im vergangenen Jahr erfolglos gewesen wäre. Mehr als 2000 Zuschauer hatte das vielfältige Programm angezogen. Dennoch: „Für manche Veranstaltungen war das Setting zu groß“ – und die riesenhafte Bogenhalle somit nicht mehr nur Chance für ungewöhnliche Produktionen, sondern ein Ort, an dem Inszenierung und Stimmung verlieren.

Deshalb planen die Theatermacher nach den erfolgreichen Bürgerprojekten „Die Schutzsuchenden“ und „Ein Dorf im Widerstand“ erneut ein „Unikat“ für Mössingen. Zwar nicht als Massenprojekt, aber immerhin mit 40 bis 50 Beteiligten. Nur so viele, wie in einen Bus passen, weil die Produktion nach einer Staffel in der Mössinger Bogenhalle durch Baden-Württemberg reisen soll.

Ein „inszeniertes Konzert“ um den amerikanischen Singersongwriter, Folk-Musiker, Umweltschützer und politischen Aktivisten Pete Seeger (1919 bis 2014) planen die Lindenhöfler. „Er war eine Ikone der Friedensbewegung. Kaum ein anderer hat mit seinen Liedern die Friedens- und Freiheitsbewegung so inspiriert wie er“, betont der Intendant im TAGBLATT-Gespräch. Weltbekannt wurde Seeger mit seinen Liedern „Where have all the flowers gone“ und „We shall overcome“. Letzteres wird zum Titel des Projekts: „We shall overcome“ – „Wir werden siegen.“

Wer die Lindenhöfler kennt, weiß, dass sie sich nicht damit begnügen, die Biografie darzustellen. Stattdessen werden sie das Leben und Werk des politischen Aktivisten aufarbeiten und daran aufzeigen, welche Bedeutung Musik und Kunst zukommt, um zu politischen und gesellschaftlichen Fragen Position zu beziehen.

Wo lasse sich das Thema um Mitspracherechte und Partizipation, um Kompromisse und Proteste, das Ringen um den besten Weg, zwischen Mitziehen und Streik besser erschließen als in den arbeiterbewegten Hallen der ehemaligen Textilfabrik?, fragt Hallmayer. Und man kann es nur rhetorisch auffassen. „Eine Zerreißprobe, der sich auch heute Bürger unserer modernen Zivilgesellschaft ausgesetzt sehen.“

Zugleich passe das Projekt zum 35. Geburtstag des Lindenhof-Theaters. „Die Institution entstand aus der damaligen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung.“ Heiner Kondschak schreibt die Musik zum Stück. „Als Seeger 2014 starb, hat Heiner gesagt, das wäre ein Traumprojekt“, erzählt Hallmayer. Nun wird es realisiert. Ein genreübergreifendes Stück, das Theater und Musik verbindet. Das Lindenhof-Team kooperiert mit dem Tübinger Chor Semiseria. Nicht zum ersten Mal. Vor zwei Jahren inszenierten sie den „Armen Konrad“ als Sommertheater auf der Tübinger Neckarinsel. Mit einem solchen Projekt lassen sich sowohl Theater- als auch Konzertgänger erreichen, also noch einmal genreübergreifend. Und grenzüberschreitend, wenn 50 Akteure als 50 Aktivisten im Land unterwegs sind: Schauspieler, Musiker, Sänger – Laien und Profis. „Von einer solchen mobilen Produktion erhoffen wir uns große Aufmerksamkeit und Strahlkraft.“

Lindenhof-Intendant Stefan Hallmayer. Archivbild: Franke

Lindenhof-Intendant Stefan Hallmayer. Archivbild: Franke

Aktivisten auf Tour

Im Juni beginnen die Proben. Einen Monat später werden die Akteure in die Pausa ziehen. Die Premiere ist am Donnerstag, 15. September. Bis 1.Oktober sind zehn Aufführungen geplant. Anschließend geht es auf Tournee.

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Erstellt:
06.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 34sec
zuletzt aktualisiert: 06.02.2016, 01:00 Uhr

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