Stadtplanung in der Boomtown

Mehr Grün für die Tübinger Südstadt

Südstadt-Initiative trommelt für Freizeit-, Spiel- und Sportflächen in Tübingens boomendem Quartier – und schlägt drei Projekte vor.

21.02.2017

Von Volker Rekittke

Auf dem Feld zwischen Möck und Au-Brunnen (im Wald oben rechts) können sich Aktive eine „Freie Sportfläche Au-West“ vorstellen.Luftbild: Grohe

Auf dem Feld zwischen Möck und Au-Brunnen (im Wald oben rechts) können sich Aktive eine „Freie Sportfläche Au-West“ vorstellen.Luftbild: Grohe

Die Südstadt kennt Harry Waßmann gut. „Seit ich 1992 hier Pfarrer wurde, hat sich die Bevölkerungszahl nahezu verdoppelt.“ Es ist ein Stadtteil mit vielen Jugendlichen, weiß Melanie Lorenz vom Bürgertreff NaSe (Nachbarschaftliche Selbsthilfe). In der Südstadt, inklusive Französischem Viertel, leben fast 2500 Kinder und Jugendliche – etwa die Hälfte davon ist zwischen acht und 18 Jahren.

In den nächsten Jahren wächst der südliche Teil der boomenden Universitätsstadt noch einmal kräftig: Allein am Güterbahnhof um mehr als 1000 Menschen, hinzu kommen Hunderte bei der Nachverdichtung im Wennfelder Garten. Und dann ist bald darauf auch schon die Bebauung am Hechinger Eck dran.

„Es werden Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen gebaut“, sagt Waßmann. Und händeringend neue Flächen fürs Gewerbe gesucht. Doch neue Erholungsflächen, Spiel- und Sportplätze gebe es nicht. Da sei die Stadtplanung früher weitsichtiger gewesen: „Vor hundert Jahren dachten die Stadtplaner nicht nur an Straßen und Häuser, sondern auch an Parks und Grünflächen.“ Es entstanden der Anlagenpark am Bahnhof und der Volkspark in der Südstadt. „Das darf die Stadtplanung heute nicht verschlafen“, fordert der Südstadtpfarrer, der seit einigen Jahren in der „AG Freiflächen“ aktiv ist. Diese Untergruppe des „AK Soziales/Südstadt“ mit seinen 25 Mitgliedern nahm mehrere Gebiete unter die Lupe, die als Naherholungs-, Spiel- und Sportflächen in Frage kommen.

Am ehesten verwirklicht werden könnte die Spielfläche am Galgenberg. Auf einer Wiese oberhalb des Kinderhauses (siehe Bild unten) könnte für die Altersgruppe von acht bis 14 Jahren ein Spielplatz gebaut werden, so die Idee der AG Freiflächen. Ganz ähnlich wie der überregional bekannte und beliebte Spielplatz in Entringen. Die Idee: Tübinger/innen könnten sich über einen „Matching Fund“ an den Herstellungskosten beteiligen: Die Stadt finanziert einen Teil, der Rest kommt über private (Sach-)Spenden oder über Arbeitsleistungen zusammen.

Für ältere Jugendliche, die gerne kicken oder einen anderen Sport treiben möchten, ohne gleich in einen Verein zu gehen, wäre die bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche zwischen Reifen Möck und dem bewaldeten Au-Brunnen-Areal (Bild oben) ideal, findet Sybille Hartmann. Ihr ist durchaus bewusst, dass jene dort mögliche „Freie Sportfläche Au-West“ städtischerseits auch als neuer Gewerbegrund im Gespräch ist. „Ist das Bedürfnis nach Bewegung nicht ebenso wichtig wie das Bedürfnis nach neuen Gewerbeflächen?“, fragt die ehemalige Tübinger Umweltbeauftragte, die für das Werkstadthaus in der AG Freiflächen mitmacht. Zumal die Panzerhalle im Französischen Viertel so häufig von den Walter Tigers zum Training in Beschlag genommen werde, dass sie für spontane Basketballspiele der im Viertel lebenden Kinder und Jugendlichen allzu oft ausfalle.

Und dann wäre da noch die Idee zu einem Park am Tilsiter Weg. Die Mini-Grünanlage hinter den Stadtwerken habe bislang, außer einem Bolzplatz für Jugendliche, „keinerlei Aufenthaltsqualität“, so die AG Freiflächen in einem Flugblatt. Allerdings gibt es dort auch einige Kleingärten sowie einen Parkplatz der Stadtwerke, die für den Park weichen oder verlegt werden müssten.

Für ihre drei Vorschläge konnte die AG bereits über 500 Unterschriften von Südstadtbewohnern einsammeln. Auch im Ortsbeirat wurden die Pläne präsentiert.

Und was sagt die Verwaltung? „Die Südstadt kann noch Grün vertragen“, so Baubürgermeister Cord Soehlke. Die Initiative für einen (Abenteuer-)Spielplatz am Galgenberg findet er auf jeden Fall gut.

Harry Waßmann  Bilder: Rekittke

Harry Waßmann Bilder: Rekittke

Sybille Hartmann Bilder: Rekittke

Sybille Hartmann Bilder: Rekittke

Melanie Lorenz Bilder: Rekittke

Melanie Lorenz Bilder: Rekittke

Auf dieser Wiese beim Kinderhaus könnte ein Spielplatz entstehen (links die Galgenbergstraße). Luftbild: Grohe

Auf dieser Wiese beim Kinderhaus könnte ein Spielplatz entstehen (links die Galgenbergstraße). Luftbild: Grohe

Alle Infos am Donnerstag

Die Infoveranstaltung „Die Südstadt braucht Freiräume“ richtet sich an alle, die sich für die Vorschläge der „AG Freiflächen“ interessieren oder eigene Ideen haben: am Donnerstag, 23. Februar, 19.30 Uhr, im Bürgertreff NaSe, Janusz-Korczak-Weg 1. Dabei geht es um die drei von der AG vorgeschlagenen Flächen: ein möglicher Bürger-Park am Tilsiter Weg, ein (Abenteuer-)Spielplatz am Galgenberg und die Bewegungs- und Sportfläche Au-West. Alle drei Projekte werden an dem Abend ausführlich vorgestellt und die nächsten Schritte geplant. Außerdem wird über die bisherige Arbeit der AG Freiflächen im Rahmen des „AK Soziales/Südstadt“ berichtet.

Die AG Freiflächen hat seit Kurzem einen eigenen Internetauftritt mit sämtlichen Plänen und Infos: www.freiraeume-suedstadt.de
Kontakt: info@freiraeume-suedstadt.de

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Erstellt:
21.02.2017, 21:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
zuletzt aktualisiert: 21.02.2017, 21:00 Uhr

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RabeHugo 22.02.201701:04 Uhr

Mir fällt in den Tübinger Neubaugebieten immer wieder auf, wie eng dort die Leute wohnen. Teilweise brüstet sich die Stadtentwicklung in selbstgefälligen Broschüren sogar damit, wie viele Menschen pro Quadratmeter durch deren so geniale Planung untergebracht wurden.
Ganz anders sieht es leider bei Gewebeflächen aus: Ich bin schier vom Fahrrad gefallen, als ich gestern am neuen Mitarbeiterparkplatz der Fa. Kemmler an der Eisenbahnstraße vorbei gefahren bin: Flächenverbrauch ohne Ende - weder ein Parkdeck noch eine Tiefgarage!

Die Bürger sollen eng an eng in gentrifizierten Wohngebieten (gentrifiert mit daher da, sich Normalverdiener schon nicht mehr die Tiefgaragenstellplätze leisten können) leben und nebendrann spendiert man dem Gewerbe Flächen wie in den 70ern.

Ja, den Wirtschaftsgrünen in Tübingen kämpfen um jeden Arbeitsplatz in der Stadt ;-). Bald bejubeln die noch rauchende Schornsteine, wenn das so weiter geht!

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