Maschinen für die Zukunft

Max-Planck-Institut und ETH Zürich gründen Zentrum für Intelligente Systeme

Lernenden Maschinen gehört die Zukunft, in der Wirtschaft ohnehin, womöglich auch in vielen anderen Lebensbereichen. Zur Forschung über Intelligente Systeme hat das Tübinger Max-Planck-Institut (MPI) deshalb gestern eine strategische Partnerschaft mit der ETH Zürich geschlossen.

01.12.2015

Von Angelika Bachmann

Der Max-Planck-Wissenschaftler Moritz Grosse-Wentrup (rechts) erforscht, wie robotergestützte Geräte für die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten genutzt werden können – nur eines von vielen Beispielen für lernende und damit intelligente Systeme, die zukünftig in vielen Lebensbereichen eine Rolle spielen werden. Bild: Metz

Der Max-Planck-Wissenschaftler Moritz Grosse-Wentrup (rechts) erforscht, wie robotergestützte Geräte für die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten genutzt werden können – nur eines von vielen Beispielen für lernende und damit intelligente Systeme, die zukünftig in vielen Lebensbereichen eine Rolle spielen werden. Bild: Metz

Tübingen. Noch vor 15 Jahren war „maschinelles Lernen“ ein Orchideenfach, sagte der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Martin Stratmann. Doch die Entwicklung schreite rasant voran. Im wesentlichen geht es darum, Maschinen und Systeme dazu zu befähigen, aus Erfahrungen und Fehlern zu lernen und sich selbst anzupassen. Die Konkurrenz um die besten Lösungen ist nicht nur bei Google und anderen Konzernen riesig. Auch die Wissenschaft ringt um die besten Köpfe und die vielversprechendsten Nachwuchswissenschaftler.

Das erst 2011 gegründete und mittlerweile zu den weltweit führenden Instituten gehörende Tübinger Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme hat sich deshalb mit einem zweiten Big Player der Szene zusammengeschlossen, der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich. Sie haben das Max Planck ETH Center for Learning Systems gegründet. Dahinter stehen rund 30 Professoren und Forschungsgruppenleiter – „eine Masse an Menschen, die etwas bewegen kann“, wie Lino Guzzella, der Präsident der ETH Zürich, gestern beim offiziellen Gründungsakt sagte.

Dabei gehe es um mehr, als den intelligenten Rasenmäher zu erfinden, wie MPG-Präsident Stratmann scherzte. Lernende Maschinen sind längst Teil des menschlichen Alltags geworden. Bernhard Schölkopf, der Tübinger MPI-Experte für maschinelles Lernen, illustrierte das abstrakte Thema anschaulich mit dem Beispiel einer Suchanfrage beim Online-Händler Amazon: Wer dort nach „Glasrundschneidern“ sucht, bekommt als weitere Kaufangebote angezeigt: Einbrecherausrüstung wie etwa eine schwarze Sturmhaube.

Was im Einzelfall amüsant sein mag, hat längst die Wirtschaft erobert: Firmen investieren Milliarden in diesen Sektor, sagte Thomas Hofmann, der vor seiner Berufung an die ETH Zürich Entwicklungsleiter bei Google Zürich war. „Das ist ein Trend, der mit einer Schlagkraft auf uns zukommt, die selbst uns Experten überrascht hat“, so Hofmann.

Gesetze in riesigen

Datenmengen erkennen

Die Anwendungsgebiete sind mannigfaltig, reichen von der Medizintechnik bis zu komplexen globalen Fragen wie dem Klimawandel. Dabei stehe man noch ganz am Anfang, so Bernhard Schölkopf, der zu den Pionieren dieser Forschungsrichtung gehört. „Man hat noch sehr wenig verstanden.“ Wie die Natur und der Mensch komplexes Verhalten, Bewegung und Organisation zustande bringen, ist für die Forschung meist weder nachvollziehbar noch rekonstruierbar: Ein Mensch hüpft über eine Mauer, ein Frosch springt von Blatt zu Blatt, ein Dirigent leitet und interagiert mit einem Chor. Maschinen ist all das unmöglich – bislang. „Big Data“ dagegen ist ein Forschungsfeld, wo Maschinen dem Menschen bereits überlegen sind. Sie können Strukturen und Gesetzmäßigkeiten in großen Datenmengen erkennen, die der Mensch allein aus Kapazitätsgründen gar nicht sichten könnte.

Dass die Forschung über Intelligente Systeme tiefe Spuren im Leben und Wirtschaften künftiger Generationen hinterlassen werde, davon zeigte sich gestern auch die baden-württembergische Wissenschaftministerin Theresia Bauer überzeugt. Die Kooperation des Tübinger Max-Planck-Instituts und der ETH Zürich zeige andererseits auch, wie wichtig es sei, international zusammenzuarbeiten: „Mit Abschottung und Nationalismus lassen sich die Probleme dieser Welt nicht lösen“, so Bauer. In die selbe Kerbe hieb der Präsident der ETH, Lino Guzzella. Die erst 2015 mit dem Ergebnis einer Volksbefragung verschärfte Abschottung der Schweiz müsse überwunden werden: „Die Schweiz ist im Herzen und ein Teil Europas.“

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Erstellt:
01.12.2015, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 34sec
zuletzt aktualisiert: 01.12.2015, 01:00 Uhr

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