Straßenbau

Luft am Ende des Tunnels

Bereits vor 40 Jahren gab es die ersten Überlegungen: Im Herbst soll der Scheibengipfeltunnel bei Reutlingen endlich öffnen.

21.06.2017

Von MADELEINE WEGNER

Führt ab Herbst Richtung Alb und Stuttgart: Nach achtjähriger Bauzeit ist der Scheibengipfeltunnel bei Reutlingen fast fertig. Die gut drei Kilometer lange Ortsumgehung ist fünf bis zehn Millionen Euro teurer geworden als geplant. Foto: Madeleine Wegner

Führt ab Herbst Richtung Alb und Stuttgart: Nach achtjähriger Bauzeit ist der Scheibengipfeltunnel bei Reutlingen fast fertig. Die gut drei Kilometer lange Ortsumgehung ist fünf bis zehn Millionen Euro teurer geworden als geplant. Foto: Madeleine Wegner

Reutlingen. Es ist Licht am Ende der größten Tunnelbaustelle im Land zu erkennen: Die Arbeiten am Scheibengipfeltunnel in Reutlingen neigen sich nach achtjähriger Bauzeit dem Ende. Im Herbst soll der knapp zwei Kilometer lange Tunnel für den Verkehr freigegeben werden. Und er soll Reutlingen von einer großen Sorge befreien: Er soll helfen, dass die Luft in der Innenstadt besser wird, wo die Grenzwerte für Stickstoffdioxid seit Jahren deutlich überschritten werden.

Die B 312 ist zudem eine wichtige Hauptverkehrsachse von Oberschwaben nach Stuttgart. Derzeit fahren auf der Bundesstraße bis zu 65?000 Autos täglich durch die Innenstadt Reutlingens. Mit dem Bauprojekt entsteht eine gut drei Kilometer lange Ortsumgehung südöstlich der Stadt. Möglichst viele Autofahrer sollen auf ihrem Weg nach Metzingen, Stuttgart oder auf die Alb durch den Tunnel geleitet werden. Die Wegweiser Richtung Stuttgart, die bisher noch durch die Stadt führen, sollen ab spätestens Anfang November den Verkehr über Metzingen leiten. Oberbürgermeisterin Barbara Bosch befürchtet Schleichverkehr durch die dann weniger Stau geplagte Stadt, beispielsweise zur B 27. Auch auf den Fildern sollen deshalb über die Beschilderung bereits die Weichen gestellt werden, um den Verkehr Richtung Alb an Reutlingen vorbei zu führen. Dabei ist die B 312 durch den Tunnel verkürzt und erspart den Autofahrern im Vergleich zur Innenstadtstrecke 20 Ampeln.

„Ohne diesen Tunnel wäre es völlig ausgeschlossen, den Luftreinhalteplan umzusetzen“, sagt Bosch. Die Deutsche Umwelthilfe hatte mehrfach gegen das Land Baden-Württemberg geklagt und vor dem Verwaltungsgericht einen neuen Luftreinhalteplan für Reutlingen erzwungen. Der Entwurf dazu lag bis Anfang des Monats aus, Einwendungen sind noch bis Freitag möglich. Hauptverursacher für die Überschreitung der Stickstoffdioxidwerte sind vor allem Dieselfahrzeuge. „Wir brauchen den Diesel als Übergangstechnologie“, sagt Regierungspräsident Klaus Tappeser, „auch, weil er für viele Menschen Lohn und Brot bedeutet.“ Nun wolle man abwarten, wie stark die Werte durch die Umfahrung sinken.

Die Grenzwerte gelten seit 2010. „Unsere Aufgabe ist es, schnellstmöglich ins Ziel zu kommen“, sagt Ute Maier, Leiterin des Referats Luftreinhaltung am Regierungspräsidium. „Ohne zusätzliche Maßnahmen schaffen wir es nicht, die Grenzwerte einzuhalten.“ Laut ihrer Prognose wird die Stickstoffdioxidbelastung auch 2020 für manche Straßenabschnitte trotz des Tunnels nicht unter den Grenzwerten liegen. Der Entwurf zum Luftreinhalteplan sieht unter anderem ein LKW-Durchfahrtsverbot für innerstädtische Strecken, Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf ausgewählten Straßenabschnitten und Förderung des Stadtbuskonzepts vor. Den Luftreinhalteplan muss das Regierungspräsidium bis September fertig stellen.

„Es gibt kein Patentrezept“, sagte Oberbürgermeisterin Bosch, die zugleich Tunnelpatin ist. „Wir ringen alle vor Ort um eine Lösung. Der Verkehr ist nun mal da, wir können die Städte nicht dicht machen.“ Sie setze sich daher seit Jahren für die Regionalstadtbahn ein, um den starken Pendler-Verkehr aufzufangen.

Auch das 130 bis 135 Millionen Euro teure Projekt Scheibengipfeltunnel hatte eine lange Vorlaufzeit: Bereits vor 40 Jahren gab es die ersten Überlegungen, die Planungen zogen sich. Unter anderem durch die Tunnelunglücke in den Alpen wurden eine nochmalige Prüfung und eine weitere Planfeststellung angesetzt. Doch auch in Reutlingen verunglückte ein Arbeiter tödlich, wenn auch erst nach Abschluss der bergmännischen Grabungen.

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Erstellt:
21.06.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 36sec
zuletzt aktualisiert: 21.06.2017, 06:00 Uhr

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