Louder Than Bombs

Louder Than Bombs

In dem Psychodrama lässt der Tod einer Kriegsfotografin ihrem Ehemann und den beiden Söhnen noch nach Jahren keine Ruhe.

01.01.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Louder Than Bombs

Anders als sein entfernter Verwandter Lars schreibt sich der norwegische Regisseur Joachim Trier ohne „von“. Entsprechend bodenständiger sind seine Filme. Sein dritter, für den er mit Isabelle Huppert, Jesse Eisenberg und Gabriel Byrne hochkarätiges Schauspiel-Personal gewinnen konnte, ist ein klassisches, allerdings sehr kunstvoll inszeniertes Familiendrama.

Eingangs des Films ist die von Huppert gespielte Kriegsfotografin Isabelle bereits tot. Bizarrerweise kam die wagemutige Frau bei einem profanen Autounfall ums Leben, der, was jedoch nicht alle Hinterbliebenen wissen, in Wahrheit ein Selbstmord war. Zwei Jahre später reißt eine geplante Ausstellung ihrer Bilder Wunden auf, die teilweise noch gar nicht verheilt waren. So ist der jüngere Sohn Conrad psychisch völlig von der Rolle: Der Teenager verschanzt sich hinter Computerspielen, verweigert jedes Gespräch mit seinem Vater und himmelt heimlich eine Mitschülerin an, in der er ein Ebenbild seiner Mutter zu erkennen glaubt. Dem Witwer Gene (Byrne) wiederum wird schmerzlich bewusst, dass seine Ehe auch ohne den Tod am Ende gewesen wäre. Und der ältere Sohn Jonah (Eisenberg) erkennt bei der Sichtung des Nachlasses, dass Isabelle nicht die Heilige war, zu der sie im Nachhinein stilisiert wurde.

Der Aufriss gelingt dem Regisseur glänzend. Die im Großen und Ganzen chronologisch erzählte Geschichte ist durchsetzt mit Rückblenden (so kommt Huppert wieder ins Spiel), die sich jedoch oft als rein subjektive Erinnerungsfetzen, Wunsch- und Trugbilder entpuppen. Manche Episoden werden auch zweimal aus verschiedenen Blickwinkeln geschildert.

Diese Puzzleteilchen fügen sich zum leicht verschwommenen Bild einer Familie, die immer in ihre Einzelteile zersplittert war. Allerdings leuchtet Trier von der familiären Rollenverteilung bis zur Schulhof-Hierarchie dermaßen viele Problemzonen aus, dass der Film zum Ende hin mehr in die Breite als in die Tiefe geht.

Der Problemaufriss des Familiendramas verspricht mehr, als es einlösen kann.

Zum Artikel

Erstellt:
01.01.2016, 05:11 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 55sec
zuletzt aktualisiert: 01.01.2016, 05:11 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport