„Gang ’s Ländli uf“

Liederkranz Öschingen singt mit Schweizer Sängerverein

Seit 1963 trifft der Liederkranz Öschingen alle drei Jahre den Sängerverein Hombrechtikon. Das diesjährige Sänger-Treffen begann auf dem Erdrutsch mit Blick ins Tal.

30.05.2016

Von Claudia Jochen

Liederkranz Öschingen singt mit Schweizer Sängerverein

Öschingen. Mutig sind sie, die Öschinger Gesangskünstler: Obwohl Gewitter angekündigt war, karrten die Helfer Biertischgarnituren auf den Erdrutschhang, um dort die Schweizer Vokalkollegen mit einem herrlichen Blick auf den Albtrauf zu begrüßen. „Dies ist ein besonderer Platz für Öschingen: Schön wäre übertrieben, denn für viele Einwohner hat er das Leben verändert. Für uns ist es jetzt ein neuer Ausblick auf das Öschbachtal“, erklärt die Erste Vorsitzende Andrea Letsch den Anwesenden.

Zur Begrüßung schmettert der Liederkranz „Bei uns im schönen Öschbachtal“ – das Lied beschreibt treffend den Ausblick, den man vom Erdrutsch aus hat, anerkennend rufen die Gäste „Bravo“ – auch beim nächsten Lied „Oh mein Heimatland“ wird gejubelt. Der Präsident des Sängervereins Hombrechtikon, Heinrich Leuzinger, begrüßt sodann auf Schwiizerdütsch, „weil auf Hochdütsch tät ich mich blamieren!“ Zwar sind einige vom Frauenchor dabei, aber das „Seebuebelied“ singen die Männer allein. Der Öschinger Fahnenträger, Markus Wagner, bemerkt eine leichte Melancholie im Lied: „Wie bei uns. Wenn Schwoba luschdig send, na singed se traurige Lieder!“ Im Anschluss an die gesungen Lieder darf die anwesende Journalistin das Textbuch von Jean-Pierre Pause anschauen. „Gang ’s Ländli uf, gang ’s Ländli ab, so Kärli findsch niene, persee! Händ immer en g’sunde und frohe Muet, au wänns grad Chatze hagle tuet“ – Katzen hagelt es zwar nicht, aber zumindest regnet es in Mössingen, während in Öschingen die Sonne strahlt.

„Wenn Engel reisen, lacht der Himmel!“, meint die Zweite Vorsitzende Inge Schneider und freut sich mit den Anwesenden über das Wetterglück. Während die Öschinger einen gemischten Chor haben, trennen die Schweizer Gäste ihre Chöre nach Geschlechtern. Jean-Pierre Pause meint scherzhaft, das liege am „Duuuscht danach“: Während Männer allesamt Bier tränken, machten Frauen ein regelrechtes Zinnober, bis man die Bestellung beieinander habe. Und außerdem sei ja das Frauenwahlrecht in Appenzell auch erst 1990 eingeführt worden. „In Appenzell sind die Kühe schöner als die Frauen“, stichelt er weiter und seine rätoromanische Gattin wird beinahe böse darob. Munter erklärt Jean-Pierre weiter: „Unsere drei großen Themen sind: Wein, Weib und Gesang“ Andrea Letsch dazu ironisch: „Achnee, das ist ja ganz was Neues!“ Noch eine Gemeinsamkeit der beiden Vereine tut sich auf: Zu später Stunde singen beide Chöre „My Way“ von Frank Sinatra. „Des klingt dann nemme guat, für uns aber scho“, lacht Jean-Pierre.

Seit 53 Jahren besteht die singende Freundschaft, die Öschingerin Gretel Vollmer hat die beiden Vereine zusammengebracht. 1957 arbeitete sie anderthalb Jahre in Hombrechtikon und der damalige Präsident des Sängervereins, bat sie, den Kontakt zum Öschinger Liederkranz herzustellen, um auch mal neues Liedgut auszutauschen. Hans Klett nebst Familie hat sich dann fleißig um den Erhalt des Austauschs gekümmert. Sein Sohn, Rainer Klett, mittlerweile Dirigent des Liederkranzes, bringt am Abend das von ihm neu arrangierte Lied „Hol Moscht!“ auf die Bühne – und die Schweizer Sängerknaben zeigen im Anschluss, wie sich das Ganze auf Schwiizerdütsch anhört. Statt „gang amol en Keller na“ heißt es ebenso fröhlich „gang ins Chellerloch, hol Moscht!“ Der Öschinger Dirigent Klett versteht sich mit seinem Pendant aus der Schweiz, Max Baur, hervorragend und führt das nicht nur auf ihr gemeinsames Hobby zurück. Auch beruflich arbeiten sie in der gleichen Branche: Baur ist Architekt, Klett Bauingenieur. Am Abend wird in der Festhalle noch lange gemeinsam gesungen – und wie bei jedem Treffen sinniert die Erste Vorsitzende Andrea Letsch: „Eigentlich sollten wir das viel öfter machen, nicht nur alle drei Jahre!“ Wenn da nicht der große Aufwand wäre. Und das Nachwuchsproblem, das schließlich jedem Verein im Steinlachtal große Sorgen bereitet.

Zum Artikel

Erstellt:
30.05.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 30.05.2016, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!