Oberstufe: so nicht

Kultusministerium gegen Tübinger Modell

Eine gemeinsame Oberstufe für die drei Tübinger Gemeinschaftsschulen hat schlechte Aussichten. Das Kultusministerium des Landes ist dagegen.

29.07.2016

Von sg

Tübingen. Eine Mehrheit im Tübinger Gemeinderat hat am Montag beschlossen, beim Land eine gemeinsame Oberstufe für die drei Gemeinschaftsschulen zu beantragen (wir berichteten). Dies geht nur als Schulversuch, weil das Tübinger Modell formal eine neue Schule wäre, die auf drei anderen Gemeinschaftsschulen aufsetzt. Auf TAGBLATT-Nachfrage erklärte das Kultusministerium gestern, dass der Antrag so keine Chance auf Genehmigung habe. Eine Sprecherin sagte: „Man kann nur für eine Schule einen Antrag auf eine Oberstufe stellen.“ Das könne Tübingen tun. Die beiden anderen Gemeinschaftsschulen könnten ihre Schüler dorthin schicken und würden bei der Berechnung der nötigen Schülerzahlen berücksichtigt. „Da findet sich dann eine Lösung“, sagte die Sprecherin.

Oberbürgermeister Boris Palmer zeigte sich nicht überrascht. „Das verblüfft mich nicht, wir haben ja gesagt, dass die gemeinsame Oberstufe als Schulversuch genehmigt werden muss.“ Der klaren Aussage des Kultusministeriums hält der Grünen-Politiker entgegen: „Entschieden wird in der Koalition.“ Was das Ministerium jetzt mitteile, sei „keine rechtsverbindliche Auskunft“. Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen. „Da bin ich gelassen.“ Jetzt werde erst einmal der Antrag gestellt. Und wenn die gemeinsame Oberstufe tatsächlich nicht genehmigt würde, dann bliebe für Palmer immer noch die Ersatzlösung: Eine Gemeinschaftsschule hat den Hut einer Oberstufe auf, die anderen beiden arbeiten mit. Für den Schulalltag in einem Gebäude mache das keinen großen Unterschied, sagte der Oberbürgermeister.

Kriterien des Ministeriums

Einen Tag nach der Tübinger Gemeinderatsentscheidung veröffentlichte das Kultusministerium einen Katalog von Kriterien, nach denen Gemeinschaftsschulen eine Oberstufe einrichten dürfen. Voraussetzung ist demnach, dass eine Gemeinschaftsschule an der Schwelle zur Sekundarstufe II die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von mindestens 60 Schülerinnen und Schülern erreicht. Das sei in der Regel bei den Schulen der Fall, die in der Sekundarstufe I mindestens stabil vierzügig sind. Der Verein für Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg kritisierte das Papier scharf als „Axt am Stamm der Gemeinschaftsschulen“.