Vielfalt statt Einfalt

Kondschak und Freunde aus vielen Ländern im Mittelpunkt der Interkulturellen Woche

Gefeiert worden ist am Dienstag die zentrale Veranstaltung zur interkulturellen Woche mit Kondschak und vielen Freunden im franz. K. Zuvor wurde im Spitalhofsaal eine Karikaturenausstellung eröffnet.

29.09.2016

Von Matthias Reichert

Quo vadis Europa? Rund 60 Besucher/innen kamen am Dienstagabend in den Spitalhofsaal zur Eröffnung einer Karikaturenausstellung, die der Türkische Kultur- und Integrationsverein zur Interkulturellen Woche organisiert hat (siehe Infobox unten). Im Bild eine Arbeit von Bao Xin Sun. Bild: Haas

Quo vadis Europa? Rund 60 Besucher/innen kamen am Dienstagabend in den Spitalhofsaal zur Eröffnung einer Karikaturenausstellung, die der Türkische Kultur- und Integrationsverein zur Interkulturellen Woche organisiert hat (siehe Infobox unten). Im Bild eine Arbeit von Bao Xin Sun. Bild: Haas

Reutlingen. „Wenn es die Interkulturelle Woche nicht gäbe, müsste man sie gerade jetzt erfinden“, sagte OB Barbara Bosch im bis auf den letzten Platz gefüllten franz. K. Auch Reutlingen sei durch die vielen Flüchtlinge bunter und vielfältiger geworden. Bosch lobte die 400 Ehrenamtlichen, die sich um die Integration kümmern, sie sei beeindruckt von der Hilfsbereitschaft.

„Wir haben keine Ghettos in der Stadt, wir haben ein Miteinander“, so die Verwaltungschefin. Und: „Lassen Sie uns das Wort ergreifen, wenn wir rechtspopulistische Äußerungen hören, die nicht zu unserer Gesellschaft und Demokratie passen. Fremdenhass und Rassismus haben in unserer Stadt keinen Platz“ – hier klatschten die Zuhörer.

Laut Thomas Münch vom Organisationsteam gibt es inzwischen 13 Asylcafés und Freundeskreise in Reutlingen, vor einem Jahr waren es nur halb so viele. Das enorme ehrenamtliche Engagement komme aber in der Debatte um das „Wir-schaffen-das“-Zitat von Kanzlerin Merkel fast nicht zum Ausdruck, die das Thema auf politische Leitlinien reduziere, so Münch.

Die Interkulturelle Woche hat in Reutlingen, wie berichtet, heuer einen Schwerpunkt auf Flucht und Vertreibung. 13 von 36 Veranstaltungen beleuchten diese Thematik. Die Herausforderung biete auch eine Chance. Denn die Gesellschaft sei gefordert, neue Solidarität zu entwickeln, sagte Münch.

In Reutlingen dauert die Interkulturelle Woche zwei Wochen, weil es so viele Termine gibt. „Das Schöne ist: Das geht praktisch von allein“ – Münch berichtete von einem Riesen-Netzwerk mit 41 Organisationen, Vereinen, Einrichtungen und Institutionen, die am Programm beteiligt sind. Er sei nur einer von 21 Organisatoren und Organisatorinnen. Der Stamm sei riesengroß und umfasse die ganze Stadt, so der katholische Dekanats-Referent.

Durch das Programm unter der Überschrift „Vielfalt statt Einfalt“ führte Heiner Kondschak, der sich als gebürtiger Niedersachse mit polnischen Wurzeln vorstellte. Er besang mit Gitarre und Mundharmonika den „Hunger in den Herzen“. Dann beteiligten sich Flüchtlinge und Migranten am zweistündigen Programm. Die mazedonisch-kosovarische Familie Agushev, die mittlerweile in Wannweil lebt, brachte mitreißende Instrumentals. Salim Antowan Zuhair aus dem Irak spielte virtuos die Oud, eine arabische Vorläuferin der Laute. Olatonbosun Adekogba aus Nigeria sang zur Gitarenbegleitung eines Landsmanns davon, dass die Herkunft eigentlich keine Rolle spiele – ob aus Tübingen, Reutlingen, Rottenburg oder Stuttgart, wie er scherzte. Gefeiert wurde auch eine Trommelgruppe aus Togo.

Zwischen den Darbietungen lasen Asylpfarrerin Ines Fischer, Eberhard Schütz und Günter Jung vom Arbeitskreis Asyl bewegende Texte über Flucht und die Suche nach einer neuen Heimat, die im Gespräch mit Flüchtlingen entstanden sind. Eindrücklich beschreiben sie die vom Krieg zerstörten Herkunftsländer: Kein Tag ohne Fassbomben – „wir haben es zerbrechen sehen, was Zukunft hätte heißen können“, so ein Text.

Kondschak brachte mit Crysi Taoussanis und Percussionist Christian Dähn zwei Lieder aus dem Paul-Simon-Programm am Tonne-Theater und gab mit Band Kostproben vom Melchinger Pete-Seeger-Abend, der in zwei Wochen in der Mössinger Pausa seine ausverkaufte Premiere hat. Tosender Applaus. Archivbild

H. Kondschak

H. Kondschak

Ausstellungen zur Interkulturellen Woche in Reutlingen

„Quo vadis Europa?“, heißt die Karikaturen-Ausstellung, die noch bis 4. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr im Spitalhofsaal zu sehen ist. Sie stammt aus dem neunten internationalen Karikaturenwettbewerb des Satiremagazins Don Quichotte. Der von Erdogan Karayel durchgeführte Wettbewerb solle dazu anregen, vorurteilsfreie humane und innovative Lösungen für die Herausforderungen angesichts der vielen Flüchtlinge zu entwickeln. Veranstalter der Ausstellung ist der Türkische Kultur- und Integrationsverein. Noch bis 29. Oktober zeigt die VHS Zeichnungen palästinensischer Kinder aus den Flüchtlingslagern im Libanon. Mitveranstalter dieser Ausstellung ist der Verein Flüchtlingskinder im Libanon.

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Erstellt:
29.09.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 29.09.2016, 01:00 Uhr

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