Öffentliche Ordnung: Ärger wegen Rottenburger Disco

Keine Ruhe vor der Neckarbar

Nachbarn berichten von fortgesetztem Lärm und gewalttätigen Auseinandersetzungen im Umfeld der Disco an der Oberen Brücke.

21.10.2017

Von Ulrich Eisele

Der Eingang zur Neckarbar, vor dem sich - insbesondere am frühen Samstag- und Sonntagmorgen - unschöne Szenen abspielen. Archivbild: Eisele

Der Eingang zur Neckarbar, vor dem sich - insbesondere am frühen Samstag- und Sonntagmorgen - unschöne Szenen abspielen. Archivbild: Eisele

Vor einem Jahr reichte es den Nachbarn. 46 Anwohner der Königstraße, Neckarhalde, Obere Brücke beschwerten sich in einem Brief an Oberbürgermeister Stephan Neher über Lärm und gewalttätige Auseinandersetzungen im Umfeld der Neckarbar. Darauf fand eine Krisensitzung mit Nachbarn, Gastwirten und Vertretern der Polizei, des Ordnungsamtes und der Jugendpflege statt. Das Gespräch sei damals „sehr konstruktiv“ verlaufen, sagt Bürgermeister Hendrik Bednarz im Nachhinein. Der Wirt der Neckarbar stellte einen Türsteher ein, der zu später Stunde für Ruhe auf der Straße sorgen sollte, und die Polizei fuhr öfter Streife.

Doch nun kommen erneut Klagen. Ein Anwohner berichtete dem Ordnungsamt von einem Ereignis am 17. September, bei dem die Anwohner morgens um 5 Uhr durch „laute Schreierei“ geweckt worden seien. Auf der Straße um die Neckarbar hätten sich rund 30 Personen verschiedener Nationalitäten versammelt. „Nur mühevoll konnten einige Männer – offensichtlich stark angetrunken – von ihren Freunden zurückgehalten werden, aufeinander los zu schlagen“, schrieb der Anwohner.

Kein Sicherheitsdienst

Er habe die Polizei verständigt, die kurz darauf gekommen sei und die verschiedenen Parteien beruhigt habe. „Vom Sicherheitsdienst war nichts zu sehen“, beobachtete der Anwohner von seinem Fenster aus. Der Wirt der Neckarbar sei „hin- und hergelaufen, ohne etwas bewirken zu können“.

Nachdem der Anwohner auf seine Mail vom Ordnungsamt keine Antwort erhielt, meldete er in der vergangenen Woche weitere Vorfälle und Verstöße rund um die Neckarbar und wandte sich damit auch ans SCHWÄBISCHE TAGBLATT. So habe er nach einer weiteren unruhigen Nacht am 8. Oktober „diverse, zum Teil intime Abfallprodukte“ vor seiner Haustür gefunden. Sorgen machte er sich auch, dass betrunkene Besucher der Neckarbar von der ungenügend abgesicherten Terrasse in den Neckar fallen könnten.

Schließlich habe er von einer Frau aus Rottenburg erfahren, dass ihr Sohn in der Nacht auf Samstag, 16. September, beim Verlassen der Neckarbar von einem etwa 25-Jährigen ohne jede Vorwarnung durch einen Faustschlag ins Gesicht so schwer verletzt worden sei, dass er mit Hirnblutung in die BG eingeliefert worden sei und vier Tage auf der Intensivstation verbracht habe.

Auf Nachfrage des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTs bestätigte Polizeisprecherin Andrea Kopp diesen Vorfall. Die Polizei ermittle wegen schwerer Körperverletzung. Der Täter sei noch nicht gefasst (siehe Kasten). Dass der Vorfall der Presse nicht gemeldet wurde, hänge vermutlich damit zusammen, dass der Polizei das Ausmaß der Verletzung erst später bekannt wurde.

Keine rechtliche Handhabe

Er könne den Ärger der Nachbarn verstehen, sagt Bürgermeister Hendrik Bednarz. Aber die Stadt habe rechtlich keine Möglichkeit, an der Situation etwas zu verändern. „Vieles von dem, was da beklagt wird, bewegt sich im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit“, sagte er dem SCHWÄBISCHEN TAGBLATT. Verunreinigungen, ruhestörender Lärm – dafür könne die Stadt zwar Bußgelder verhängen, aber verhindern könne sie letztendlich nichts.

Er habe auch Gespräche mit dem Leiter des Rottenburger Polizeireviers geführt, sagte Bednarz. Hans-Peter Tausch habe ihm versichert, dass die Gegend um die Neckarbar nicht zu den Kriminalitätsschwerpunkten in der Stadt gehöre. Deshalb sei es auch nicht zu rechtfertigen, dort öfter Streife zu fahren als an anderen Orten.

Schließlich habe das Ordnungsamt auch eine Sperrzeitverkürzung auf 3 Uhr erwogen. Bisher schießt die Neckarbar erst um 5 Uhr, diese Sperrzeit gilt für alle Gaststätten und darf nur im Ausnahmefall beschnitten werden. Eine Sperrzeitverkürzung könne nur mit gravierenden Verstößen gegen das Gaststättenrecht begründet werden, sagte Bednarz.

Die angeführten Ordnungswidrigkeiten und strafbaren Handlungen könnten aber nicht dem Wirt der Neckarbar angelastet werden, da sie vor dem Haus, auf der Straße stattgefunden hätten und nicht nachweisbar sei, ob es sich um Gäste der Neckarbar gehandelt habe oder um Passanten.

Kürzere Sperrzeit nicht sinnvoll

Eine Sperrzeitverkürzung hält Bednarz aber auch persönlich für „nicht zielführend“, da sich die Problematik dadurch nach seiner Ansicht nur verlagern würde: Dann finde der Lärm und Streit eben zwei Stunden eher statt, meint der Bürgermeister. Und einen Security-Mitarbeiter vor die Tür zu stellen, dazu könne man die Gastwirte nicht verpflichten, das sei freiwillig, sagte Bednarz. Gleichwohl hoffe er, dass der Betreiber der Neckarbar dies tue. Ihm müsse ja auch daran gelegen sein, mit seiner Nachbarschaft in Frieden zu leben.

Polizei sucht kleinen, kräftigen 20- bis 25-Jährigen

Noch immer sucht die Polizei nach dem unbekannten Täter, der am Samstag, 16. September, vor der Neckarbar einen 16-Jährigen so zu Boden schlug, dass dieser eine Hirnblutung erlitt. Der Geschädigte und ein Freund hatten gegen 4.15 Uhr die Bar verlassen, als sie zirka 50 Meter weit entfernt davon auf den späteren Täter trafen. Ob dieser zuvor auch in der Neckarbar war, ist unklar. Zunächst gab es laut Polizeibericht einen verbalen Disput, worauf sich die Parteien wieder getrennt hätten. Gleich darauf seien sie jedoch nochmals aneinander geraten, wobei das Opfer dann einen Faustschlag erhalten habe. Der 16-Jährige sei auf den Asphalt gestürzt und habe sich dabei eine Kopfverletzung zugezogen. Das Ausmaß der Verletzung sei erst später bekannt geworden, der genaue Befund liege noch nicht schriftlich vor.

Ermittelt wird wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, die Ermittlungen sind noch im Gange. Konkret sucht die Polizei nach einem zirka 20 bis 25 Jahre altem Mann, der zwischen 1,65 und 1,70 Meter groß ist, eine athletische Figur hat, schwarze, kurze Haare, seitlich rasiert, zur Tatzeit einen Vollbart und schwarze Kleidung trug. Hinweise nimmt das Polizeirevier Rottenburg unter Telefon 07472/98010 entgegen.

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Erstellt:
21.10.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 46sec
zuletzt aktualisiert: 21.10.2017, 01:00 Uhr

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