Gegen den Parkdruck in der Innenstadt

In den Wohnstraßen rund um die Rottenburger Innenstadt will die Stadt Parkgebühren verlangen

Die Wohngebiete sind vollgeparkt, die Parkhäuser stehen oft halbleer. Dagegen will die Rottenburger Stadtverwaltung etwas unternehmen. Seit etwa zwei Jahren bereitet sie ein Konzept für die so genannte Parkraum-Bewirtschaftung vor. Nach den Sommerferien soll der Gemeinderat darüber beraten. Das kündigte Baubürgermeister Thomas Weigel am Dienstagabend an. Anlass war die geplante Sanierung der Mechthildstraße.

27.07.2017

Von Michael Hahn

Diese Straße kann noch schöner werden: Im südlichen Teil der Mechthildstraße gleicht der Belag einem Flickenteppich. Rechts und links ist fast alles zugeparkt. Gestern Mittag um 11.57 Uhr war allerdings noch ein legales Plätzle frei, wie unser Beweisfoto zeigt. Bild: Hahn

Diese Straße kann noch schöner werden: Im südlichen Teil der Mechthildstraße gleicht der Belag einem Flickenteppich. Rechts und links ist fast alles zugeparkt. Gestern Mittag um 11.57 Uhr war allerdings noch ein legales Plätzle frei, wie unser Beweisfoto zeigt. Bild: Hahn

Vier Wohngebiete hat die Stadtverwaltung im Auge, sagte Weigel dem TAGBLATT auf Nachfrage: Das Gebiet zwischen Sprollstraße und Graf-Wolfegg-Straße, den Hagenwört, den Bereich um die Jahnstraße und die Wittenbergerstraße (neben der JVA). Dort kann man bisher überall kostenlos auf der Straße parken.

Eine „Parkraum-Bewirtschaftung“ würde bedeuten, dass die Anwohner künftig „Parkberechtigungskarten“ für ihre jeweilige Straße beantragen müssen, um ihre Fahrzeuge auf öffentlicher Fläche abzustellen (für die Altstadt-Gassen kosten diese Anwohner-Parkscheine derzeit 30 Euro – im Jahr). Alle anderen Autofahrer müssen am Automaten Parkscheine ziehen. Was eine Stunde kosten wird, und ob das beispielsweise auch nachts und am Wochenende gelten soll, darüber muss der Gemeinderat entscheiden, sagte Weigel. Auch innerhalb der Verwaltung gebe es dazu durchaus unterschiedliche Vorstellungen.

Ein Beispiel für den „hohen Parkdruck“ (Weigel) rund um die Altstadt ist die Mechthildstraße. Ihr südlicher Teil ist tagsüber meist komplett vollgeparkt: von Anwohnern, aber auch von Leuten, die in der Nähe arbeiten (beispielsweise am Eugen-Bolz-Gymnasium) oder die in der Stadt einkaufen. Auf den 170 Metern zwischen Schuhstraße und Gartenstraße können legal 25 Autos parken. Grünen-Stadträtin Ursula Clauss zählte am Dienstagnachmittag sogar „32 PKWs und zwei Wohnmobile“.

Dieser Teil soll nun saniert werden. „Der Aufbau ist nicht nur schlecht, sondern schrecklich“, sagte Jürgen Klein, der Leiter des Tiefbauamts. Auch viele Leitungen müsse man erneuern. Baubürgermeister Weigel hätte dort gern Parkbuchten für 14 Autos angelegt und dazwischen Pflanzbeete gesetzt, der „Aufenthalts-Qualität“ zuliebe. So hatte es der Technische Ausschuss vor drei Jahren schon einmal beschlossen.

Doch die Anwohner sträubten sich: Sie wollten lieber die 25 Parkplätze erhalten. Oberbürgermeister Stephan Neher sagte mit sarkastischem Unterton: „Wir machen es im Sinne der Anwohner. Wir bauen eine Parkplatzstraße.“ Zwei Bäume sollen den Straßenraum etwas gestalten. CDU-Stadtrat Hermann Sambeth kam mit seinem Antrag auf nur einen Baum nicht durch. Die Gehwege werden so gepflastert wie in der Neckarhalde. Die Sanierung der 170 Meter soll 450 000 Euro kosten und bis Juni 2018 fertig werden.

Bis dahin dürfte auch feststehen, ob und wo Parkschein-Automaten aufgestellt werden. „Den Anwohnern muss klar sein, dass sie dann auch zahlen müssen“, sagte WiR-Stadtrat Peter Cuno. „Auch die Oma, die zu Besuch kommt.“ Andere Stadträte meinten, mit der Parkraumbewirtschaftung werde der Parkdruck nur in die weiter außen liegenden Straßen verlagert.

OB Neher verteidigte die Idee. Überall nähmen die Verkehrsprobleme zu. „Das lässt sich nur über den Geldbeutel regeln, und nicht über die Einsicht“, sagte er. Wenn das Parken in der Stadt teurer werde, dann werde mancher vielleicht sagen: „Dann lasse ich mein Auto eben daheim. Oder ich kaufe es erst gar nicht.“

Wie die Anwohner mitreden konnten

„Sehr, sehr traurig“ fand es WiR-Stadtrat Jörn Heumesser, dass die Stadtverwaltung die Anwohner der Mecht-hildstraße nicht stärker an der Planung beteiligt habe. In der vorangegangenen Bürgerfragestunde hatte Anwohner Gerold Ruggaber geklagt, er sei „nur informiert“ worden (auf einer Veranstaltung vor einer Woche).

OB Neher wies diese Vorwürfe zurück. „Irgendwo ist eine Grenze der Bürgerbeteiligung.“ Man könne nicht jeden bei jedem Straßenbau-Detail mitreden lassen.

Laut Baubürgermeister Weigel gab es in den vergangenen Monaten allerdings „vielfältige Telefonate und Gespräche“ mit Anwohnern und mit einer Sanitärfirma, die in der Mechthildstraße ansässig ist. Zahlreiche Anregungen seien aufgegriffen worden.